P2P-Steuer fuer's Internet? (was: Re: [wos] Nice Berlin Declaration coverage)

Florian Cramer cantsin at zedat.fu-berlin.de
Mon Jul 5 21:41:11 CEST 2004


Am Montag, 05. Juli 2004 um 16:48:44 Uhr (+0200) schrieb Felix Stalder:
 
> Die beiden Aspekte haben, streng genommen, nichts miteinander zu tun. Die 
> Kompensation ist, in weiten Teilen, unabaengig von der Lizenz, unter der das 
> Werk vertrieben wird. Es wuerde den UrheberInnen also erlauben, unabhaengig 
> von oekonomischen Ueberlegungen zu entscheiden, ob sie derivative Werke 
> erlauben wollen oder nicht. 

"Unabhängig von ökonomischen Überlegungen" scheint mir etwas
übertrieben. Bisher waren GEMA- und VG Wort-Ausschüttungen ja ein
Zubrot, und gleiches müßte auch für eine bezahlbare
Filesharing-Flatrate gelten.

> Heute ist es doch so, dass wenn man solche Werknutzungen zulassen
> will, dann muss man auf Kompensation verzichten, wenn man nicht um
> traditionellen Schema verbleiben will. 

Woran sich aber auch bei der Filesharing-Flatrate nichts ändert. Werke,
die unter offenen Lizenzen stehen, können immer kostenlos und damit ohne
"Flatrate"-Vorbehalt getauscht und ins Internet gestellt werden.

> Aber das ist eh die falsche Diskussion. Die Produktionsmethode der Freien 
> Software ist auf expressive Werke nicht anzuwenden. 

Ich habe die Unterscheidung von "funktionalen" und "expressiven"
Werken, wie sie auch Stallman macht, schon immer unhaltbar gefunden.
Sie ist nichts anderes als eine Fortschreibung der überkommenen
Dichotomie von angewandten und freien Künsten.

Die Produktionsmethoden und Lizenzen der Freien Software funktionieren
nur deshalb nicht gut für andere Wissensgebiete, weil Autoren und
Künstler schlechter bezahlt werden als Programmierer und daher nicht
genügend freie Zeit haben, Werke für die Allgemeinheit zu schreiben, an
denen sie nichts verdienen.

> Ist gibt sehr gute Gruende 
> weshlab Wissenschafliche Artikel nicht unter der GPL publiziert werden.

Das liegt vor allem daran, daß die GPL ein unter ihr lizenziertes Werk
"program" und nicht "work" nennt. Die ursprüngliche Open Content-Lizenz
von opencontent.org war gleichlautend mit der GPL, nur daß in ihr alle
Vorkommnisse von "program" durch "content" ersetzt waren. Die heutigen
Creative Commons Sharealike-Lizenzen beschreiben im Effekt die gleichen
Nutzungsregeln wie die GPL. 

> > Und ich glaube, dass mit einer Flatrate die Freie Software niemals
> > abgehoben wäre.
> 
> Das kann wohl sein, aber niemand schlaegt eine Flatrate fuer Software vor. 

Was ist das harte Kriterium, mit dem man Texte, Musikstücke oder Filme
von "Software" unterscheidet? Daß sie nicht algorithmisch ausführbar
sind? Leider stimmt auch das nicht mehr, abgesehen davon, daß digitale
Bitströme alles mögliche sein können und, wie z.B. Sebastian Lütgerts
neuere Arbeiten zeigen, man jedes digitale Medium als jedes andere
digitale Medium verpacken kann.

-F 

-- 
http://userpage.fu-berlin.de/~cantsin/


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