[rohrpost] Heidenreich - Die Kunstontologin

Janus von Abaton jv-abaton at gmx.net
Son Feb 13 20:59:27 CET 2005


wie schlagen die formalien der universität auf das denken durch? 

=> ???

> es ist ein altes paradox, dass gerade die kritische, die 
> (re-)politisierende kunst sich am ehesten als staatskunst finanziert.

 »Wie könnte etwas aus seinem Gegensatz entstehn? Zum Beispiel die Wahrheit
aus dem Irrtum? Oder der Wille zur Wahrheit aus dem Willen zur Täuschung?
Oder die selbstlose Handlung aus dem Eigennutze? Oder das reine sonnenhafte
Schauen des Weisen aus der Begehrlichkeit? solcherlei Entstehung ist
unmöglich; wer davon träumt, ein Narr, ja 
schlimmeres; die Dinge höchsten Wertes müssen einen andern, eignen Ursprung
haben - aus dieser vergänglichen verführerischen täuschenden geringen Welt,
aus diesem Wirrsal von Wahn und Begierde sind sie unableitbar! Vielmehr im
Schoße des Seins, im Unvergänglichen, im verborgnen Gotte, im ›Ding an sich‹
-  da muß ihr Grund liegen, und sonst nirgendswo!« - Diese Art zu urteilen
macht das typische Vorurteil aus, an dem sich die Metaphysiker aller Zeiten
wiedererkennen lassen; diese Art von Wertschätzungen steht im Hintergrunde
aller ihrer logischen Prozeduren; aus diesem ihrem »Glauben« heraus bemühn
sie sich um ihr »Wissen«, um etwas das feierlich am Ende als »die Wahrheit«
getauft wird. Der Grundglaube der Metaphysiker ist der Glaube an die
Gegensätze der Werte. Es ist auch den Vorsichtigsten unter ihnen nicht
eingefallen, hier an der schwelle bereits zu zweifeln, wo es doch am
nötigsten war: selbst wenn sie sich gelobt hatten »de omnibus dubitandum«.
Man darf nämlich zweifeln, erstens, ob es Gegensätze überhaupt gibt, und
zweitens, ob jene volks-
tümlichen Wertschätzungen und Wert-Gegensätze, auf welche die Metaphysiker
ihr Siegel gedrückt haben, nicht vielleicht nur Vordergrunds-Schätzungen
sind, nur vorläufige Perspektiven, vielleicht noch dazu aus einem Winkel
heraus, vielleicht von unten
hinauf, Frosch-Perspektiven gleichsam, um einen Ausdruck zu borgen, der den
Malern geläufig ist? Bei allem Werte, der dem Wahren, dem Wahrhaftigen, dem
Selbstlosen zukommen mag: es wäre möglich, daß dem Scheine, dem Willen zur
Täuschung, dem
Eigennutz und der Begierde ein für alles Leben höherer und grundsätzlicherer
Wert zugeschrieben werden müßte. Es wäre sogar noch möglich, daß was den
Wert jener guten und verehrten Dinge ausmacht, gerade darin bestünde, mit
jenen schlimmen, scheinbar entgegengesetzten Dingen auf verfängliche Weise
verwandt, verknüpft, verhäkelt, vielleicht gar wesensgleich zu sein.
(Dionysos gegen den Gekreuzigten, JvG&B,I,2)

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