[rohrpost] Den Differenzen nachspueren (auf nach Kassel, selber gucken!) schon getan

Andreas Broeckmann ab at tesla-berlin.de
Die Jun 19 10:30:48 CEST 2007


lieber thomas,

dank fuer deine antwort. wir sind offensichtlich unterschiedlicher 
auffassung. denn ich finde es einfach verschenkt, wenn man wie du das 
schreiben (und lesen) darauf beschraenkt, eine polemische aufzaehlung 
von verfehlung zu machen, statt ueber das zu sprechen, was es dort zu 
sehen gibt. warum schreibst du nicht von dem schwer ertraeglichen 
pathos der arbeit von james coleman, reibst dich an den lobpreisungen 
fuer cosima von bonin, oder setzt dich mit der so praesenten malerei 
von divalo kritisch auseinander?

ich fuehle mich persoenlich fuer die quantitative repraesentation von 
'digitaler kunst' in gegenwartskunstausstellungen nicht 
verantwortlich, transmediale hin oder her, und werde mich deshalb 
auch nicht ueber deren abwesenheit bei der d12 beschweren. 
interessanter ist ja, dass die erwaehnte arbeit von Inigo 
Manglano-Ovalle sehr wohl ueber ihre medialitaet in ganz 
hervorragender weise reflektiert, und dass es interessant waere, die 
verbindung zur computerkunst in den assemblagen von Bela Kolarova zu 
untersuchen. und dann ist selbstverstaendlich das mohnfeld von sanja 
ivekovic ein stueck medienkunst! sein im binaercode geschriebenes 
programm '0-1-0' steht noch auf '0', und es waere aus meiner sicht 
intellektuell viel ambitionierter, ueber die widerstaendigkeit der 
natur dgegen ihre kuenstlerische zurichtung zu reflektieren, als die 
kommunikation darauf zu beschraenken, auch hier ein heilloses 
scheitern zu diagnostizieren.

ich finde, dass kunstkritik die aufgabe hat darueber zu reflektieren, 
was die kunst in ihren praesentationsformen kulturell hervorruft. es 
liegt mir fern, die d12 in allem gut zu finden. aber ich finde, dass 
sie eine differenzierte und in's kuenstlerische detail gehende 
beschaeftigung verdient. deine rigorose ablehnung wird nicht 
verhindern, dass in diesem sommer einige hunderttausend menschen nach 
kassel fahren werden und dort dinge sehen und erleben werden. ich 
glaube, dass viele sehr positive entdeckungen machen werden, wie zum 
beispiel die geschichte aus dem kosovo, aufgeschrieben von Mary 
Kelly. oder die klanginstallation von Olga Neuwirth. die anderen 
rohrpostler, und die leser deines blogs, sind bestimmt neugierig, 
welche kulturelle produktivitaet (oder den mangel daran) du den 
werken und ihrer auswahl diagnostizieren wuerdest. angesichts einiger 
hunderttausend kuenstler, die weltweit aktiv taetig sind, kommt mir 
eine 'was fehlt?'-liste dagegen etwas deplaziert vor. aber das ist 
wieder eine frage persoenlicher vorlieben.

herzlichen gruss,
-ab