[rohrpost] RE: Dammbeck Filme in Berlin: Kunst & Macht, 12.1.06
Andreas Broeckmann
abroeck at transmediale.de
Son Jan 8 20:06:42 CET 2006
Kino im Martin-Gropius-Bau Berlin
Donnerstag, 12. Januar 2006
Kunst und Macht
Zwei Filme und eine Podiumsdiskussion
19:00 "Zeit der Götter", 1992 Dokumentarfilm von Lutz Dammbeck
(über den Bildhauer Arno Breker) 92 min., 16 mm
20:45 "Dürers Erben", 1995 Dokumentarfilm von Lutz Dammbeck
(über die Anfänge der Leipziger Malerschule), 57 min., 16 mm
im Anschluß Podiumsgespräch mit
Eckhart Gillen (Kurator der Bernhard-Heisig-Ausstellung "Wut der Bilder" -
http://www.berlinerfestspiele.de/de/aktuell/festivals/11_gropiusbau/mgb_04_programm/mgb_04_aktuelle_ausstellungen/mgb_04_ProgrammlisteDetailSeite_1_1742.php
Marc Wellmann (Kurator der Bernhard-Heiliger-Ausstellung -
http://www.berlinerfestspiele.de/de/aktuell/festivals/11_gropiusbau/mgb_04_programm/mgb_04_aktuelle_ausstellungen/mgb_04_ProgrammlisteDetailSeite_1_1528.php
Lutz Dammbeck
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Synopsis Zeit der Götter
“Junger Mann, ab heute arbeiten Sie nur noch für mich!", hatte
Adolf Hitler 1936 zu dem jungen Bildhauer Arno Breker gesagt. Was
würde er in Auftrag geben, bei seinem neuen Phidias? Arno Breker war
in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts eine der wesentlichen
Hoffnungen junger deutscher Bildhauerei, geschätzt u.a. von dem Maler
Max Liebermann und dem Kunsthistoriker Wilhelm Hausenstein, und
befreundet mit den französischen Künstlern Charles Despiau, Maurice
Vlaminck, Jean Cocteau und Aristide Maillol. Zwischen 1936 und 1945
arbeitet er fast ausschließlich im Auftrag Hitlers für den Architekten
Albert Speer und dessen Planungen für die Umgestaltung Berlins zur
"Welthauptstadt Germania". Was verband Hitler und seinen Leibbildhauer?
Wo war der Punkt, an dem es umkippte, Brekers Figuren das Maß verloren
und ins Monströse wucherten? Wann gerät ein Talent in die Abhängigkeit
von Macht und einer Ideologie? Wo verläuft die feine und unsichtbare Grenze
zwischen Machtopportunismus und Autonomie der Kunst?
Ein Film in einer Mischung aus Dokumentarfilm, assoziativer
Collage, autobiografischer Annäherung und Film-Essay über das
spannungsreiche Verhältnis von Kunst, Macht und Moral sowie die
Wurzeln faschistischen und totalitären Denkens.
Interviewpartner sind das ehemalige Hauptmodell Brekers Gustav Stührk (Ý),
die Schriftsteller Ernst Jünger (Ý), Roger Peyrefitte (Ý) und Rolf Schilling,
der Sammler Peter Ludwig (Ý), der ehemalige DDR-Bildhauer Werner Stötzer,
und der französische Schauspieler Jean Marais (Ý).
Buch und Regie: Lutz Dammbeck
Kamera: Thomas Plenert /Eberhard Geick
Schnitt: Margot Neubert-Maric'
Musik: J.U.Lensing
Sprecher: Otto Sander / Christian Brückner
Produktion: Lutz Dammbeck Filmproduktion in Co-Produktion mit dem SWF
Baden-Baden, mit Unterstützung der Filmförderung Hamburg und des
Kuratoriums Junger Deutscher Film
Pressestimmen:
Mit Breker bewegt sich Dammbeck auf relativ sicherem Terrain, nämlich
in der Höhle des Löwen. Ulf Erdmann Ziegler, in: TAZ 17.Februar 1993
Das Beste, was man zum Thema derzeit sehen kann.
Volker Heise, in: TIP Berlin 20/93
Die Auswahl ist subjektiv, kommentiert wird nichts. Das mag der Grund
dafür sein, daß
der eine oder andere den Film absichtlich mißverstehen will.
Barbara Möller, in: Hamburger Abendblatt - Nr.257, 1993
Die Gesichter sprechen die deutlichste Sprache in diesem Film. Er
skizziert die Bausteine
einer rechten Vision, so faszinierend, wie sie wohl einmal waren, so
belustigend und
beängstigend, wie sie heute wirken. Er beschreibt eine Leerstelle,
das Tabu “rechten Denkens".
Martin Ahrends, in: SONNTAG Freitag 1.Oktober 199, Nr.40
Diese Art filmischer Kommunikation vertraut dem Betrachter, setzt ihn
als mündiges Subjekt voraus. Die Antworten auf die Fragen verstecken sich im
meinungsbildenden Streit der Zuschauer. Das verleiht dem Film
zusätzliche Spannung
und Brisanz. Mario Stumpfe, in: Neues Deutschland 30.September 1993
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Synopsis Dürers Erben
“Es läßt sich gröber und genauer nicht sagen: In der DDR wird
deutscher gemalt..."
befand anerkennend Anfang der 80er Jahre der Schriftsteller Günter Grass.
Im Zentrum des Films steht ein Gruppenbild. Das Bild entstand Anfang
der 60er Jahre in Leipzig,
zu dieser Zeit das Experimentier- und Versuchsfeld für einen neuen
deutschen Realismus unter
sozialistischen Vorzeichen. Was verbindet die auf dem Bild gezeigten
ehemaligen “Malerfürsten"
Werner Tübke oder Bernhard Heisig, mit dem heute unbekannten Maler
Heinrich Witz?
Aus Interviews und Archivmaterial entstand ein Porträt der Wurzeln
der aktuellen "Leipziger Malerschule"
und darüber hinaus der sozialistischen Kunst in der DDR bis zum Mauerbau 1961.
Interviewpartner sind die Maler Bernhard Heisig, Werner Tübke (Ý),
Heinrich Witz (Ý) und die ehemaligen SED-Funktionäre Sonja Kurella
und Hans Lauter (heute PDS-Bundestagsabgeordneter). Desweiteren
treten auf: “Dürer als Führer",
Wandervögel, Cesare Lombroso, die Formalismusdebatte der 50er Jahre in der DDR,
RockZn Roll und der malende Affe Pablo.
Buch und Regie: Lutz Dammbeck,
Kamera: Eberhard Geick/Thomas Plenert
Schnitt: Margot Neubert-MaricZ
Sprecher: Wolf Dietrich Sprenger
Produktion: Lutz Dammbeck Filmproduktion in Co-Produktion mit dem MDR
und Arte, mit Unterstützung des Kunstfonds Bonn
Pressestimmen
Die Aufbrüche zu einer “neuen deutschen Kunst und Malerei" nach 1945
in der DDR,
speziell in Leipzig, ihr arrogantes Dogma und die als Sehertum
vergötzte Blindheit und
ästhetische Selbstamputation bleiben bei allen lokalen
Bezüglichkeiten modellhaft.
Fred Gehler in: KREUZER 6/96
Dürers Erben rührt aber auch an Themen, die hierzulande - vor allem
von der westdeutschen
Linken - kontrovers diskutiert oder auch tabuisiert wurden,
beispielsweise die Totalitarismustheorie
oder die Frage nach dem Verhältnis der DDR.
Raimund Gerz in: edp Film 2/97
Mochten Funktionäre wie Magritz, Lauter und Masloff den ideologischen
Noden noch so gut bereiten,
die “neue Kunst" in die Tat umsetzen konnten nur die jungen “neuen
Künstler". Daß sie mit ihrer
Vergangenheit in einem bemerkenswert harmonischen Verhältnis leben,
wurde im Film deutlich, der
den historischen Diskurs in die unmittelbare Gegenwart
transportierte...Werner Tübke, für den
“die Moderne kein Thema mehr und längst gegessen" ist, bewegt sich
mit seiner Äußerung, daß er
ausschließlich Künstler sei und sich nie für politische Dinge
interessiert habe, viel eher in die Nähe
von Arno Breker als in die von Kurt Hager. Andreas Kühne in:
Süddeutsche Zeitung 11.April 1996
Gebräu....leider erinnert die tendenziöse Zitat- und Collagetechnik
des Films an die Machart der antimodernen
Pamphlete....sein Epilog unterschlägt (-) den Durchbruch der Maler
zur Eigenwilligkeit und Unabhängigkeit,
wofür wir sie damals bewundern lernten. E.B. in: Frankfurter
Allgemeine 12.April 1996
Geradezu verblüffend sind die personellen und zeitgeschichtlichen
Zusammenhänge, die Dammbeck
zwischen den ästhetischen Idealen des realen und nationalen
Sozialismus aufreißt. Was theoretisch
durchaus bekannt war, erfährt durch selten gezeigtes Archivmaterial
und der geschickt aufgearbeiteten
Faktenfülle eine filmisch sehr sinnliche Darstellung.
Claus Löser in: film-dienst 23/96
Glänzend Lutz Dammbecks "Dürers Erben" über Werner Tübke, Bernhard
Heisig, Alfred Kurella
und andere Hauptfiguren des "Sozialistischen Realismus" aus und um
die Leipziger Akademie.
Ein erschreckendes und erhellendes Dokument deutscher Kunst- und
Zeitgeschichte.
Sebastian Feldmann in: Rheinische Post 7.November 1996
Nach der Buchpräsentation “Kunstdokumentation SBZ/DDR 1945-1990" des
DuMont Verlags hatten die
Veranstalter Lutz Dammbecks Film “Dürers Erben" ins Programm
genommen. In ihm kommen die Väter des
“neuen deutschen Realismus" unter sozialistischen Vorzeichen zu Wort.
Und die sind dann ganz sie selbst.
Wie Berti Vogts oder Boris Becker. Als ob der Bauch ihre Gedanken
formte. Und - dies mag sie von den
erstgenannten unterscheiden - sie sind über jeden Zweifel erhaben.
Den weißen Malerkittel übergestreift,
ganz unbefleckt, wird dem tumben Volk die Malerei erklärt. Da fallen
Sätze wie “Der ganze Modernismus
war ein Irrtum. Er muß rückgängig gemacht werden." Oder, Heisig “Die
Wahrheit ist immer die, die man gerade
braucht." Wie hatte der Geschäftsführer der Stiftung Kulturfonds Ost,
Prof. Dietger Pforte, richtig bemerkt:
“Es ist die Stimme aus der DDR, die gehört werden muß." Womit er
allerdings wohl die Herausgeber der
Dokumentation meinte, die aber den Film verpaßten. Sie bevorzugten
einen kleinen Plausch im Foyer und
bemerkten wohl nicht so recht, das ihre Recherche obige
Befindlichkeiten wenig reflektierte.
Anke-Sophie Meyer in: Berliner Morgenpost 9.November 1996