[rohrpost] Medientheorie, jetzt im Wiki
Janus von Abaton
jv-abaton at gmx.net
Mon Nov 8 23:02:47 CET 2004
Liebe Gemeinde,
1.
Das wichtigst ist immer das ziemlich bestimmte Ding und das müssen wir alle
mal festhalten und in die Arme schließen, dass es uns zur
Sachwertvorstellung wird: Die IDEA mit dem Wiki, die WIKI-Idea kam von
Sophia. Weisheitsgeborene Erblickung! Hierzu nun: Joviales Schweigen, haha,
lustig machen über die kleine Süße. Und dann wurde die Erblickung, die Idea
aufgegriffen eher schlecht als recht. Wir wollen also festhalten, dass die
Idee mit dem WIKI von Sophia kam. Nu wo der Vorschlag dann von einem
erstzunehmenden Mann übernommen wurde, einem Profi(t)denker, mit Eiern und
akademischen Ehren und allem drum und dran, da muss man dann das „mit dem
WIKI-Ding“ natürlich sofort beginnen, von Schwanz zu Schwanz, so zusagen.
Aber wenn ein junges Mädchen den gleichen Vorschlag macht, dann ist das
naturgemäß weniger als gar nichts. Aber Sophia mal zu fragen, was sie
vorschlägt, nö, die wird freundlich ignoriert. Man kann in dieser Runde ja
geradezu zum Feministen konvertieren! Ja, Sophia, du wirst nun von allen
verspottet. Mein Rat: Besorg dir die Mails von den Theoretikern, ich tu sie
dann in ein Wiki und das Lachen könnte wieder die Seite wechseln.
2.
>>Was soll denn diese [... Wort bitte einfügen] Arroganz?<<
(Florian Cramer)
Nein, Janus sagt: Nein - unverschämt war das nicht, zu schreiben „bitte Wort
selbst einfügen“, das ermöglicht dem Leser vielmehr zum Co-Autor zu werden
(ganz im Sinne von InteraktivZKMkunst). Ein wenig unverschämt dagegen war es
schon, von einem „Geert-Lovink-Institut für Selbstvernetzung“ zu sprechen.
Das war schon unverschämt. Allerdings kann der Begriff ja auch mit einem
gewissen Fug benutzt werden und soll entsetzlichgrässlichst aufmerksam
machen darauf, dass es keine Formen der offenen vernetzten Kollaboration in
besagtem Institut gibt: kein Wiki, ein geschlossenes Blog, Bewerbungen
hinter dem Rücken, statt öffentlich und für alle einsehbar. Wie wäre es
denn, mit offener Planung oder Ideenpool/Bewerbung über Rohrpost? Oder soll
das ganze Potential eines derartigen Instituts in die SOZIALEN Netze
gesteckt werden? Schließlich ist jedwede Umgebung ein Menü aus
Seilschaftsoptionen! Ist dass am Ende das Verständnis von net-culture? Also
net im Sinne von Seilschaft. Warum sollen Vorschläge und Gedanken und Texte
und Bilder und so weiter überhaupt mit Namen gekennzeichnet werden, statt
mit einem Code? Man sollte also abschaffen: eine jegliche
Personalzuschreibung... (man lutscht auf den Worten herum und am Ende steht
da inhaltlich nur sozialdemokratischer Dreck, es wird das Fieber sein!)
3.
Was ich von einem Netzinstitut dringend erwarten darf, ist, dass sein
Programm in Netzwerken entsteht. In einem Diskurs. Und zwar nicht ein
Diskurs über deutsche Medientheorie, der dann im Handumdrehen „angeeignet“
werden kann, wie Sophia sagen würde, sondern es geht um das Programm, mit
dem man sich nicht nur beschäftigen, sondern fertig beschäftigen muss.
4
>>viel eher gilt es den einzug der literatur in die harten wissenschaften zu
feiern, zum ende des subjekts kommt die subjektivierung des wissens.<<
(Pit Schultz)
Gibt es dafür auch konkrete Beispiele, womöglich aktuelle und in deutscher
Sprache?
5.
Hinweggeschafft mit der Kampfkraft der offensiven Langeweile, übrigens: Ein
Manifest ist ein Instrument der Distribution und nicht der Produktion. - Das
kann man als Berufs- und Profi(t)denker leicht verwechseln, weil man ja
jewohnt ist, das Denken selbst der Vorstellung der Distribution [Vortrag,
Seminar, Artikel, Buchbeitrag] unterzuordnen. Wenn man aber gemeinsam denken
will, dann muss man das Produkt zunächst ausblenden. Aber es kann ja auch
aus ganz Hilflosem, was Wunderbares erblühen, und deshalb wollen wir dem
Ding mal eine Chance geben oder hat es schon geclimaxt?
Ich befürchte stark einen praecox! (Dank Pit’s einfühlsamen Liebestechniken
dem WIKI gegenüber).
6.
Noch mal kurz zu dir, Sophia: ich denke, dass die Tatsache, dass du
allgemein ignoriert wirst und scheinbar nicht ernst genommen, eine
Abwehrhaltung ist. Schließlich tun die hier nichts anderes, als was du
vorgeschlagen hast. Also was ist nun der nächste Schritt? (mal zur
Abwechslung unspöttisch gemeint...)
janus, grippal erkrankt
Ich habe mir erlaubt, meine vormalige Zusammenfassung von Positionen,
> die im Diskussionsfaden über deutsche Medientheorie geäußert wurden,
> leicht überarbeitet und zugespitzt auf eine Wiki-Seite zu stellen.
> Die Ankündigung ging schon per cc: an die meisten vorigen
> Mitdiskutanten, hätte aber schon längst hier durch die rohrpost gehen
> sollen [woran Kommunikationspannen in Verbindung mit fünf Internet-losen
> Tagen auf einer Reise schuld sind]:
>
> http://pzwart2.wdka.hro.nl/~fcramer/cgi-bin/wiki.cgi?Medientheorie
>
> Diesen Schritt hielt ich für sinnvoll, da man auf Mailinglisten zwar gut
> diskutieren, aber schlecht gemeinsam Texte schreiben kann.
>
> Es gibt schon einen (sehr lesenswerten, wie ich finde) Kommentar von Pit
> Schultz:
> http://pzwart2.wdka.hro.nl/~fcramer/cgi-bin/wiki.cgi?Anmerkungen
>
> Nochmals: Dieser Text steht in einem Wiki. Man kann alles in ihm ändern,
> einschließlich Über- und Unterschrift. Er kann auch in
> Sub-Dokumente und -Kommentare aufgespalten werden, und verschiedene
> Passagen formulieren und separat unterzeichnen. Daß er am Ende
> "rohrpost-Manifest" heißen wird, wie ich jetzt provokativ genannt habe,
> ist unwahrscheinlich. Einigkeit scheint es bislang nur über den letzten
> Punkt zu geben:
>
> Medientheorie, -kritik und -diskurs sollten ineinander übergehen,
> Theorie zum Beispiel auch aus Netzforen-Diskussionen entstehen.
> Reflexionsmedien jenseits des wissenschaftlichen Texts, auch
> jenseits des Mediums Text als solchem, sind diskursfähig. Die
> akademischen Publikationsrituale von Tagungsbänden und gedruckten
> Fachzeitschriften gehören als alte Zöpfe abgeschnitten, sie sind
> ein Hinder- und Ärgernis. Wer auf öffentlichen Stellen und mit
> öffentlichem Geld publiziert, soll dies öffentlich tun und Texte
> unter freien Lizenzen verbreiten, anstatt Verwertungsrechte exklusiv
> und honorarfrei an Verlage abzutreten.
>
> -F
> --
> c/o Media Design Research, Hogeschool Rotterdam
> Overblaak 87, NL-3011 MH Rotterdam, +31 (0)10 241 41 58
> http://userpage.fu-berlin.de/~cantsin/
>
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