[rohrpost] PERSISCHE IMPRESSIONEN / Vernissage / monochrom-Raum, 28. August 2003 / 20 Uhr

das ende der nahrungskette jg at monochrom.at
Mit Aug 27 23:18:35 CEST 2003


PERSISCHE IMPRESSIONEN
Fotografien von Farhad Varahram

Vernissage im monochrom-Raum im MQ, Donnerstag/28. August 2003, 20:00
( http://quartier21.mqw.at/uebersichtsplan/index.html )

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PERSISCHE IMPRESSIONEN
Fotografien von Farhad Varahram

Ich freue mich außerordentlich, die Vernissage zur Ausstellung von Farhad
Varahram: "Persische Impressionen" am 28. September 2003 um 20 Uhr im
monochrom-Raum im Museumsquartier ankündigen zu dürfen.
Farhad Varahram (geb. 1948) ist Besitzer des Kopierladens "Intercopy" im 5.
Wiener Gemeindebezirk - und da ich unweit von dort zu wohnen pflege, und im
Laden Stammkunde bin, kamen wir häufig ins Gespräch. Und so erfuhr ich, dass
Farhad eigentlich Filmregisseur, Kameramann, Fotograf, Ethnologe und
Anthropologe ist - und erst in zweiter Linie Kopierladenbesitzer.
Und so entschlossen wir uns, im monochrom-Raum eine Ausstellung einiger seiner
Bilder zu organisieren.
Er überreichte mir neben einem tabellarischen Lebenslauf auch einen längeren
Text, und den kann ich euch nicht vorenthalten. Es handelt sich um einen
kurzen
Abriss seines Lebens ...
(Johannes Grenzfurthner, www.monochrom.at)

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Ich vergesse nie das erste Mal als ich bewegte Bilder auf der Kinoleinwand
sah.
Von Farhad Varahram

Es war in den Jahren nach dem Putsch 1952. Das Büro für Öffentlichkeitsarbeit
der Armee sandte Gruppen in die kleinen, abgelegenen Städte, um patriotische
Filme vorzuführen. Diese wurden zumeist in der einzigen Halle der Stadt, im
Gymnasium oder wenn mehr Zuschauer erwartet wurden auf dem nicht asphaltierten
Platz, auf dem sonst Fußball gespielt wurde, gezeigt. Zwei oder drei Tage vor
einer Filmvorführung fuhr ein Auto mit einem Lautsprecher am Dach durch die
Gassen, um Uhrzeit und Datum zu verlautbaren. Es verbreitete sich große
Aufregung in der Stadt, in der ansonsten das ganze Jahr über Stille herrschte.
Die Leute stürmten den Vorführungsort natürlich schon ein paar Stunden vorher,
um einen guten Platz zu ergattern. Auch ich habe gewartet, auf das Dunkle des
Himmels und das Helle der Kinoleinwand, wie all die Anderen.
Ein paar Jahre später wurde ein eigener Platz für die Filmvorführungen
angelegt. Hier konnten dann mehrmals im Jahr - in den 3 Sommermonaten - Filme
gezeigt werden. Das neue Kino hatte kein Dach, nur die Wände vermittelten das
Gefühl eines geschlossenen Raumes. Die Filme waren meistens so alt, dass sie
während der Vorführung mehrmals abrissen. Dazu kam noch, dass der
Filmvorführer
die Filmspulen häufig miteinander verwechselte. Ab und zu vergaß er auch ein
paar. In diesem Kino hatten die hohen Beamten einen besonderen Platz, ihre
Ehrenplätze waren mit Wänden von den anderen abgetrennt.
Eines Tages legte unser Filmvorführer den Apparat still und fing noch einmal
von vorne an. Es war das erste Mal, dass der Oberste der Stadtpolizei in unser
Kino gekommen war.
In diesen Sommern habe ich alle Filmvorführungen besucht, einige sogar
dreimal.
Einige Jahre später wurde ein neues Kino eröffnet, man konnte jetzt das ganze
Jahr über nicht nur iranischen Filme sondern auch indische und ägyptische
sehen.
Ich aber fuhr mit ein paar Freunden in die 55 km entfernte Stadt Burudjerd und
konnte dort erstmals international bedeutende Filme sehen.
Ich bin in Burudjerd geboren. Als ich zwei Jahre alt war übersiedelten wir
nach
Nahawand. Meine Mutter war Schuldirektorin, mein Vater Ingenieur für
Landwirtschaft, Botaniker und Entomologe. Er bereiste von Berufs wegen viele
Gegenden des Iran und nahm mich ab und zu mit.
Ich werde nie die Jahre vergessen, als die Heuschrecken die Acker stürmten.
Sie
kamen aus Saudi Arabien in den Süden und den Westen des Iran. Wenn sie flogen,
verwandelte sich der Himmel in einen grauen Teppich. Sie landeten auf den
Ackern, zerstörten die Ernte und zogen weiter. Ein Mitarbeiter meines Vaters
hielt diese Bilder mit der Kamera fest. Ich wünschte mir, das eines Tages auch
zu können. Aber es war schwer, an einen Fotoapparat zu kommen.     I
Am Anfang habe ich nur Fotos entwickelt. Mit einem Freund, der sich auch für
Fotografie interessierte, habe ich einen primitiven Vergrößerungsapparat
gebaut. Es war faszinierend, das Erscheinen der Bilder im Entwickler zu
beobachten. Später haben wir in einem kleinen Zimmer Filme vorgeführt. Der
Filmprojektor war auch unser Werk. Unsere Freunde und die Kinder aus der
Nachbarschaft bildeten das Publikum.
Nach dem Gymnasium ging ich für zwei Jahre nach Kurdistan. Zu dieser Zeit
schickte man die jungen Männer zum Präsenzdienst anstatt zum Militär nach
einer
kurzen Ausbildung in die Landwirtschaft oder als Lehrer in kleine Dörfer. Ich
hatte Glück. In den Jahren dieses Präsenzdienstes hatte ich viel Zeit zu lesen
und eine der schönsten Provinzen des Iran genauer kennen zu lernen. Ich lernte
Theater- und Musikgruppen kennen und spielte auch Theater.
Ich besaß aber immer noch keine eigene Kamera. Meistens borgte ich mir eine
aus, um die Landschaften und Dörfer zu fotografieren. Diese Fotos waren meine
ersten ernst zu nehmenden Einblicke in die Welt der Fotografie.
Nach dem Präsenzdienst wohnte ich in einer kleinen Mietwohnung in der Nähe der
Teheraner Universität. Dort habe ich mich intensiv mit Film und Fotografie
beschäftigt. Ich besuchte diverse Galerien, absolvierte einen Theaterkurs und
spielte in einem experimentellen Film.
"Der Sohn Iran hört nichts von seiner Mutter" war der erste Film, in dem ich
eine Rolle übernahm. Bei den Dreharbeiten war ich immer besonders aufgeregt,
nicht wegen des Auftritts, wegen der 35mm Kamera, die ich bis dato nur auf
Fotos gesehen hatte. Während die anderen mit ihrer Arbeit und mit ihren Rollen
beschäftigt waren, hatte ich nur Augen für die Kamera und die Bewegungen des
Kameramanns. Diese Faszination trieb mich dazu, nachts am Drehort zu schlafen.
Ich arbeitete auch freiwillig, half beim Malen, Transportieren und bei
sonstigem.
Ich bestand die Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Film und Fernsehen. Die
Jahre der Hochschule waren nicht besonders aufregend. Wir Studenten hatten
hauptsächlich theoretische Fächer zu absolvieren. Es gab aber einige
interessante Professoren und ein paar Reisen. Nach der Hochschule war ich als
Kameramann im Ministerium für Wald und Forstwirtschaft beschäftigt, wo ich die
Möglichkeit hatte, fast alle Wälder und Wüsten des Iran zu bereisen. Das
Ergebnis meiner vierjährigen Mitarbeit waren Kurzfilme über die nördlichen
Wälder des Iran, die Wüste in Khusestan und die Weiden in Kurdistan. Ich
drehte
auch einen Film über die Papierindustrie im Iran.
Während der Arbeit im Ministerium lernte ich Dr. Nader Afschar Naderi kennen.
Diese Bekanntschaft bewirkte, dass ich mich mehr für die Dörfer, Nomaden und
die Anthropologie im Allgemeinen zu interessieren begann. Dr. Afschar Naderi
war zu der Zeit Direktor der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität
Teheran und einer der bekanntesten Soziologen und Experten für die
Nomadenproblematik des Iran. Er ist der Begründer der Nomadologie im Iran.
Außerdem war er professioneller Filmemacher und Fotograf. Seine bekanntesten
Filme sind "Balut und Maschgh", Über das Leben der Nomaden von Bujer Ahmadi
und
"Golab", über die Gewinnung von Rosenwasser in der Nähe von Kaschan. Dr.
Afschar Naderi forderte mich dazu auf, als Verantwortlicher für Film und
Fotografie an seiner Fakultät zu unterrichten.
Zweimal wöchentlich hielt ich Vorträge über Völkerkunde, Fotografie und Film.
Später setzte ich hier meine Arbeit als Forschungsassistent fort. Wir
unternahmen mit Studenten und Professoren viele Reisen und Exkursionen. Die
Monografien "Abjaneh" und "Teppichwäscherei in Kaschan" entstanden. Ich
fotografierte die Dörfer und die Nomaden.
Die Projekte für das Ministerium für Wald- und Forstwirtschaft und für die
sozialwissenschaftliche Fakultät gaben mir die Möglichkeit, zwei verschiedene
Beobachtungsmethoden kennen zu lernen, die meine zukünftige Arbeit sehr stark
beeinflussen sollten.
Ich konnte das Land, aus dem ich kam, aus zwei Blickwinkeln betrachten,
einerseits naturwissenschaftlich und andererseits sozialwissenschaftlich.
Am Ende des Jahres 1977 wurde das Institut für Ländliche Forschungen unter der
Leitung von Dr. Afschar Naderi gegründet. In diesen Jahren wurde ich an der
Hochschule für Dramatische Kunst im Fach Kinoregie aufgenommen. Am Institut
für
Ländliche Forschungen wurde ich als Leiter der Film- und Fotografieabteilung
und als Forschungsassistent beschäftigt. Ich reiste mit den Forschungsgruppen
als Mitarbeiter für Film, Filmentwurf und Forschungen mit. Die Monografien
über
die Insel Hormoz, über Dörfer im zentralen Belutschestan und über die
Produktionsarten von Trauben in der Provinz Buschehr entstanden. Als
Kameramann
drehte ich den Film "Golab", als Regisseur und Kameramann den Film "Nakhl".
Außerdem begann ich an diesem Institut mit der Arbeit an einer Studie über das
Leben der Fischer von Belutsch. Zwei Fotografieprojekte in den von Erdbeben
erschütterten Gebieten in Tschahar Mahal, Bachtiyari und Tabas waren das
Ergebnis dieser Reisen.
Am Ende des Jahres 1978 reiste ich nach Frankreich um eine Zulassung für ein
Studium der Film- und Völkerkunde zu erhalten. Nach einem Monat Aufenthalt kam
ich, wie viele andere, nach Iran zurück. Die ersten Anti-Schah Demonstrationen
begannen. Bis nach dem Aufstand von 1978 hatte ich meine ganze Zelt dazu
verwendet, Impressionen des Aufstandes in Fotos und Filmen festzuhalten.
Im Jahre 1980 ging ich wieder nach Belutschestan und ans Ufer des Oman-Meeres,
um dort das Leben der Fischer zu studieren. Es war ein sehr unsicheres Gebiet.
Es konnte nicht gearbeitet werden.
Ich begann intensiv mit dem Fernsehen zusammen zu arbeiten, wo ich bei der
Produktion von Dokumentarfilmen als Forscher, Kameramann oder Regisseur
mitwirkte.
Als Forscher und Regisseur im Film "Ghali Schujan" (Teppichwäscherei), als
Forscher und Kameramann im Film "Ghanat" (Unterirdische Wasserkanäle) in den
Wüstengebieten von Kaschan und Jasd, als Forscher im Film "Danehaje Roghani "
(Ölkerne) im Norden des Iran, als Forscher in den Filmen "Hur é Doragh" 
(Wüste, Wald und Weide), als Forscher und Regisseur im Film "Die Fischer von
Belutsch".

Im Jahre 1986 arbeitete ich mit Kamran Schirdel, einem der bekanntesten
Dokumentarfilmemacher an der Produktion von zwei Filmen über die Ölproblematik
im Süden, insbesonders im Gebiet Khusestan und Buschehr, als Assistent und
Fotograf mit.
Ich hatte mich mit Khusestan in verschiedenen Aspekten auseinandergesetzt,
nicht aber in Bezug auf die Ölvorkommen.
Die meisten Ölquellen sind in den Gebieten der Nomaden Bachtiyari und Bujer
Ahmadi. Die Ölraffinerien in Khusestan beeinträchtigen das Leben der Nomaden
stark.

In den Jahren nach dem Aufstand konnte man die Studien über Dörfer und Nomaden
wieder aufnehmen. Das Institut Hamun beschäftigte sich eingehend mit diesem
Thema. Das Institut begann mit seinen Studien im Osten des Iran und setzte sie
über die Provinz Jasd fort. Es beschäftigt sich jetzt mit Studien über die
Provinz Tschahar Mahal und Bachtiyari, die eines der größten Nomadengebiete im
Iran darstellen. Aus Interesse begann ich meine Mitarbeit in diesem Institut.
Währenddessen wurden zwei Berichte von Reza Kaseruni, einem bekannten Forscher
auf diesem Gebiet, veröffentlicht. Im ersten Bericht werden seine
Beobachtungen
der Wanderungen von ein paar Familien vom Stamm Buyer Ahmad in der Provinz
Kohgiluyeh und Bujer Ahmad beschrieben. Der zweite Bericht ist eine
theoretische Auseinandersetzung mit der Sesshaftmachung der Nomaden im Iran,
basierend auf statistischen Daten von 1956 bis 1981. Nach dem Lesen dieser
Berichte hatte ich entschieden, einen Film über die Thematik zu drehen. Das
schlug ich Massoud Schafigh, dem Direktor des Instituts Hamun vor. Er meinte,
ich solle eine Zeit lang mit den Nomaden zusammen leben und mit ihnen wandern.
Ich wurde somit Augenzeuge einer Wanderung der Nomaden vom Gebiet Lorestan und
der Zigeuner, die vom Khusestan auf der Reise nach Westen auch durch unsere
kleine Stadt kamen. Schon als Kind konnte ich erste Kenntnisse über diese
Lebensart gewinnen, die ich auf meinen späteren Reisen vervollständigen
sollte.
Die Ideen von Schafigh kamen mir sehr verlockend vor. Ich bereitete mich für
diese Reise ab März 1986 vor. Ich hatte den Nomadenstamm Bachtiyari
ausgewählt,
mit dem das Institut Hamun ebenfalls beschäftigt war. Der andere Grund dafür
war, dass auch viele iranische und internationale Forscher sich damit
beschäftigt hatten. Der erste Film, der über diesen Nomadenstamm gemacht
wurde,
ist "Grass", den der amerikanische Filmemacher, M. Cooper 1925/26 drehte.
Die Nomaden von Bachtiyari sind einer der größten Nomadenstämme im Iran. Sie
wandern zwischen dem Sommerquartier im Norden in der Provinz Khusestan und dem
Winterquartier in der Provinz Tschahar Mahal, Bachtiyari und in der Provinz
Isfahan hin und her.

Anfang April 1986 fuhr ich, mit Reza Kaseruni, einem Freund und Forscher, in
die Stadt Masdjed Soleiman, die ein Sommersitz des Nomadenstammes Bachtiyari
ist. Wir fuhren in Begleitung eines Führers in diese Stadt. Nachdem wir den
Fluss Karun(1) überquert hatten, erreichten wir in der Nacht das für uns
interessante Gebiet. Die Wege waren steinig und schlecht und wir kamen nur
langsam voran. Es kamen uns zwei Nomaden mit einer Laterne in der Hand
entgegen, die unseren Führer kannten. Sie führten uns zu ihren Zelten. Das
Oberhaupt der Familie begrüßte uns. Nach Nomadentradition schlachteten und
grillten sie ein Lamm für uns. Wir blieben fast die ganze Nacht hindurch wach
und redeten miteinander. Wir erzählten von unserem Vorhaben. Wir erhielten das
Versprechen, solange bleiben zu können, wie wir wollten. Am Morgen wurden wir
von den Lämmer, Ziegen und Schafe geweckt. Vor uns lag eine wunderschöne
Landschaft. Dieses Gebiet ist als "Des é Assad Khan" bekannt und ist 75 km von
Masdjed Soleiman entfernt. Die Familie, die uns als Gäste aufgenommen hatte,
zähle 13 Mitglieder. Sie lebten alle in einem Zelt. Mein Mitarbeiter und ich
schliefen außerhalb des Zeltes, außer wenn es regnete. Ein paar Tage später
begann die Wanderung. Nach einem Monat mit den Nomaden und nach 300 Kilometer
Wanderung erreichten wir die Höhe von Zardkooh, eine der wichtigen Höhen der
Zagros-Bergkette in der Provinz Tschahar Mahal und Bachtiyari. Auf dieser
Reise
stellte ich viele Schriften, Bilder und einen genauen Plan des Weges
fertig(2).

Trotz des schweren Weges und der Probleme mit Essen und Schlafen war es eine
sehr aufregende und unvergessliche Reise. Nachdem ich alle Schriften und Fotos
geordnet hatte, schrieb ich einen Entwurf für einen Film. Diese Reise
ermöglichte mir, das Leben dieser Nomaden aus der Nähe zu betrachten. Es ist
ein Leben voller Schwierigkeiten und Schmerzen.
M. Cooper hat in seinem Film alle Schwierigkeiten und Probleme dieser
Lebensart
auf der Leinwand festgehalten. Im Film "Grass" und in Coopers Erinnerungen an
die Nomadenwanderung "Die Reise in das Land der Tapferen" meint er, dass der
Überlebenskampf der Nomaden einem Epos gleichkomme.
Zwischen Coopers und meinen Beobachtungen sind fast 63 Jahre vergangen. Als
Cooper mit dem Stamm wanderte, bestand dieser aus Hunderten Familien. Nach
Cooper waren sie 50.000 Menschen und 500.000 Schafe. Nach 63 Jahren wanderte
ich mit ein paar Familien und weniger als tausend Schafen und Ziegen auf
demselben Weg, den Cooper bereist hatte. Dieser Unterschied beeinflusste
meinen
Filmentwurf. Im Sommer desselben Jahres reiste ich für ein paar Tage in das
Sommerlager der Familie, mit der ich gewandert war und sprach mit ihnen
darüber, einen Film über ihr Leben zu machen. Der Herr der Familie und sein
ältester Sohn akzeptierten.
Zu Herbstbeginn, wenn es kälter wird, verlassen die Nomaden die Höhen, und
kehren in den Norden von Khusestan zurück. Dieses Mal wollte ich sie auch
begleiten. Ich erreichte das Gebiet ein paar Tage später, da ich keinen
Kontakt
mit ihnen aufnehmen konnte. Ich verfolgte den Weg der Familie und erreichte
sie
erst im Norden von Khusestan.
Die Wanderung ist im Herbst noch mühevoller als im Frühjahr. Die Familien sind
gezwungen, einen längeren Weg zu gehen, um zu Wasser und Grünfutter für die
Tiere zu kommen.
In Teheran bereitete ich den Filmentwurf vor und gab ihn beim Fernsehen ab.

Der Entwurf wurde akzeptiert, wegen des Filmbudgets lehnte ich aber die
Mitarbeit beim Fernsehen ab. Nach einer Besprechung mit Ethnologen und
Freunden
übernahm ich die Produktion des Filmes. Viele Freunde halfen mir technisch und
finanziell. Wir stellten die Filmsequenzen im Herbst und Winter fertig. Im
nächsten Jahr, nach der Vorbereitung der Filmgruppe, wurden die Dreharbeiten
für die Frühlingssequenzen und die Wanderung vorbereitet. Diesmal waren wir
fünf Personen. Um unser gesamtes technisches Equipment mitnehmen zu können,
liehen wir vier Maultiere. Wir nahmen keine Lebensmittel mit. Die Nomaden
versorgten uns mit Brot und Joghurt.
Als wir das Gebiet erreichten, waren alle Familien schwarz gekleidet. Ein Mann
und eine junge Frau waren gestorben. Die junge Frau, die Schwägerin des Herrn
der Familie, die wahrend der Wintersequenzen noch am Leben war, war während
einer Geburt gestorben. Sie hinterließ fünf Kinder. Nach den letzten
Trauertagen bereiteten sich die Familien vor, ins Winterquartier zu wandern.
Während der Wanderung wurden wir Augenzeugen einer weiteren Tragödie. Eine
Frau
brachte ein Kind zur Welt, das tags darauf starb. Die Familie begrub das Kind
unter Steinen. In diesen traurigen Bildern hielten wir die Mühsal und die
Schmerzen dieses Wanderlebens fest. Wir konnten den Film wegen finanzieller
Schwierigkeiten erst nach fast einem Jahr fertig stellen.

In Paris wurde der Film im Museum für Völkerkunde durch J. P. Digard, der ein
bekannter Ethnologe und Experte für Bachtiyari Nomaden ist, in C.N.R.S.
vorgeführt. Er wurde vom ÖWF ins Deutsche übersetzt und nach der Vorführung im
Museum für Völkerkunde in Wien, beim Anthropologie-Dritte Welt Filmfestival in
Freiburg gezeigt. Nach der Fertigstellung dieses Filmes setzte ich meine
Reisen
in andere Nomadengebiete des Iran fort. Die Ergebnisse dieser Reisen sind ein
Bildbericht über die Zelte der Ghaschghai Nomaden in ihrem Winter- und
Sommerlager, ein Bericht über die Zelte von Ilam Nomaden, das Alatschigh
(Zelt)
bei den Schahsawan Nomaden, viele Bilder und Dias von anderen Nomadengebieten
des Iran und ein paar Entwürfe für Dokumentarfilme.
Während meiner Reisen mit den Nomaden wurde das Interesse für traditionelle
Zeremonien im Iran in mir geweckt. 1989 wollte ich einen Filmentwurf über
zeremonielle Opferfeste (Kamelschlachten) im Kaschan vorbereiten. 1990,
nachdem
ich diese Zeremonie genauer studiert habe, habe ich den Film gedreht. Dieser
Film wird vom ÖWF fertiggestellt.
Ich reise seit vielen Jahren in alle Gebiete des Iran. Obwohl ich das Fach
Ethnologie nicht studiert habe, interessiere ich mich dafür. Ich muss mich für
meine Forschungsarbeiten mit diesem Fach theoretisch auseinandersetzen und
habe
im Laufe der Zeit, durch meine Arbeit mit vielen bekannten iranischen
Forschern
eine Verbindung zwischen Fotografie und Ethnologie geschaffen.

Es ist mir noch immer ein großes Anliegen, meine Reisen im Iran fortzusetzen,
um mit Hilfe meiner Erfahrungen neue Probleme und Fachgebiete in Filme
umzusetzen.
Ich hoffe, dass ich nach der Beendigung von zwei aktuellen Filmprojekten den
Filmentwurf über das Leben der Nomaden, den ich seit Jahren plane, fertig
stellen kann.

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Fußnoten:

(1) Als M. Cooper den Film "Grass" drehte, gab es noch keine Brücke über den
Fluss Karun. Jedes Jahr zur Zeit der Wanderung, mussten die Bachtiyari Nomaden
und ihr Vieh 200 Meter schwimmen, um auf die andere Seite des Flusses zu
gelangen. Der Übergang der Nomaden über den Fluss Karun ist eine faszinierende
Szene im Film "Grass".

(2) Die Schriften über diese und die weiteren Reisen mit dieser Famille werden
in einem Bericht in Teheran veröffentlicht.

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Biographie:
Farhad Varahram, geb. 1948 in Burudjerd, Iran.
Ausbildung: Abschluss als Kameramann an der Hochschule für Film und Fernsehen
im Jahre 1973, Abschluss als Regisseur an der Hochschule für Dramatische Kunst
im Jahre 1984. Berufserfahrung: Ab dem Jahr 1974 Kameramann im Ministerium für
Wald und Forstwirtschaft, Assistent an der Fakultät für Anthropologische
Forschungen an der Universität Teheran, Verantwortlicher für Filmarbeiten,
Lehrbeauftragter für anthropologische Filme an der Universität Teheran,
Verantwortlicher für Film und Fotografie und Experte am Institut für Ländliche
Forschungen.

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Dieser Text liegt auch unter:
http://fm4.orf.at/grenzfurthner/134037/main

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