[spectre] :-! n0name nachrichten #154

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Sat Feb 18 12:39:22 CET 2012


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:-! n0name nachrichten #154 Sa., 18.02.2012 11:42 CET

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|  der n0name erschien seit 1999 bisher durschnittlich etwa 5 x im     |
|  Jahr. Kann das so weiter gehen?                                     |
|  Voila, auch Kleinstbetraege sind willkommen.                        |
|  Im Raum des tope e.V., genannt "POT" im Sommer in Kassel werden     |
|  Spender gerne genannt. n0name ist ab Juni dort vor Ort.             |
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*Inhalt

1. ULtrakurzscgeichte
2. Sekundenschlaf mit Rotweinglas
3. 3dos NEU deBts Sounds und Gespraech mit Guenther Sandleben 
   zur Wirtschaftskrise
4. Finanzmousse
   Argumente (thesig) aus dem Aermel gegen die Finanzismus-These
5. ACTA Akt
   Mit Kommentaren
6. Rezension von Sabine Nuss. _Copyright & Copyriot_ 49

ASCII: "Die Neue Sozialdemokratie" von X
       X empfiehlt JavE www.jave.de

40 KB, ca. 14 DIN A4-Seiten

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1.

ULtrakurzscgeichte

sagte immer, amn soll bei einem Abschied bis zum Schluss warten, 
diejenige derjenige koenne sich ja im letzen Aufgenb lick nocheinm 
alumdrhen.

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2.

Sekundenschlaf mit Rotweinglas

Nochmals korrigierte Fassung


Im Sekundenschlaf, in ihm/mit ihm, kommen zwei Momente zusammen: 
Das unuebergehbare Beduerfnis nach Schlaf und seine Folgen in 
einer Umgebung, die fuer diese Art Schlaf meistens aeusserst 
unguenstig ist, wobei der Sekundeschlaf eben dadurch charakterisiert 
ist, dass das Schlafbeduerfnis uebergangen wird. Der Schlaf als 
Rueckzug aus dem Realen und das Reale, welches oft mit "Erwachen" 
oder einem wachen Zustand gleichgesetzt wird, prallen hier jedoch 
relativ unvermittelt in einer Katastrophe aufeinander. Natuerlich 
folgen hier die Folgen zeitlich dem Schlaf, wenn man weiter an 
Ursache und Wirkung glauben moechte. Zuerst schlaeft man ein und 
dann geschieht etwas, das im Wachzustand vermieden werden wuerde - 
ein Auto kommt von der Fahrbahn ab, ein Schraubendreher faellt zu 
Boden, ein Glas kippt um. Aber nicht der zeitliche Moment 
interessiert hier nur, sondern das Moment, sozusagen der 
gedankliche Punkt, an dem (hier sind es ja zwei gedankliche Punkte) 
etwas ablesbar wird. Naemlich wie sich Denken zur Wirklichkeit 
verhalten mag. Das Moment, an dem man ablesen kann, wie etwas zu 
etwas anderem kommt, also wie etwas sich auf etwas anderes 
hinbewegt, wie etwas schliesslich zustandekommt und wie man es 
interpretiert.

Dem Schlaf einer oder zweier Sekunden folgt also etwas. Interessant 
hierbei ist die die Erkenntnis die dem folgt, was passiert ist, also 
DASS etwas unvorhersehbares erfolgt ist. Denn es geschieht ja IM 
Schlaf der Sekunde. Etwas irreversibles, dessen Ergebnis dann erst 
nach dem Schlaf eklatant sichtbar wird. Nach der Wirklichkeit 
die Erkenntnis ueber das Unvorhergesehene. Insbesondere der 
Sekundenschlaf mit Rotweinglas zeigt hier ein besonderes Moment, 
da die Folgen auch optisch besonders gut sichtbar sind.
Émile Durkheims Strukturalismus, also die Vorstellung, dass da 
etwas gesellschaftliches ist, das alle (mit Betonung auf "alle") 
Individuen bestimme, wird gerade durch diesen Sekundenschlaf mit 
einem Glas Rotwein kritisch betrachtbar. Denn wenn etwas allem 
was geschieht vorgelagert und auch nachgelagert ist, etwas 
uebergeordnetes und auch noch unveraenderliches, wonach man sich 
normativ richte, etwas, das immer schon da ist, was ist dann noch 
an diesem Allgemeinen ablesbar? Nur, dass man sich richtet, weil 
die Ursachen in diesem Regelwerk aufgehoben sind. Im kurzen 
unbewussten Zustand des Schlafs eines Augenblicks aber richten sich 
viele Dinge nach dem Schlaf. Zum Beispiel ein Glas, das aus der 
Hand faellt, die Fluessigkeit im Glas usw. Durkheim sagt ja, dass 
es eine Allgemeinheit gaebe, deren Regeln fuer alle gelten wuerden. 
Etwas, das man erkannt oder anerkannt habe, bevor etwas geschieht. 
Doch ist hier der Wein die Struktur, nach der sich die Folgen fuer 
alle Menschen gleichermassen richten, oder ist es der Schlaf? Oder 
ist es vielmehr die unweigerliche Determinante des 
Schlafbeduerfnisses nach einer 12stuendigen Nachtschicht, welche 
zu Folgen fuehrt, die dem schon garnicht nachts arbeitenden Geldsack 
in ihrer Weise voellig unbekannt sein duerften?

Man koennte einwenden, auch dem Buerger drohe nach einer langen Nacht 
eventuell ein Sekundenschlaf. Aber, und hier liegt der Unterschied 
zum hyper-verallgemeinernden Begriff der alles auf gleiche Weise 
determinierenden Struktur, es besteht ein Unterschied zwischen der 
durchzechten Nacht des furzenden Bourgeois, die den Biorhythmus 
freiwillig aus dem Takt bringt und einer harten Arbeit von 20 Uhr 
abends bis 8 Uhr morgens fuer denselbigen, die den Biorhythmus 
unfreiwillig aus dem Takt bringt. Beide stellen nach Durkheim einen 
"fait sociaux dar, soziale Tatsachen, die aber - man ahnt es schon - 
jeweils gaenzliche andere Ursachen haben, die eben nicht allgemein 
sind. Und das "lien social", das soziale Band, das laut der 
Soziologie uns alle einige (oder einigen soll), ist an dieser Stelle 
ohnehin ein rissiges Gaengelband zwischen dem fuer den gearbeitet 
wird (wobei nicht mal jeder, fuer den man arbeitet, einen furzenden 
Bourgeois abgeben muss) und dem, der arbeitet. Der Sekundenschlaf 
nach der Nachtschicht wird sowieso einen anderen, billigeren Rotwein 
verschuetten. Das Soziale laesst sich also eben nicht nur aus dem 
Sozialen erklaeren (Durkheim), so als waere dieses schon immer 
strukturell unveraendert dagewesen. Das Milieu, in dem der Wein 
verschuettet wird, weil das Glas im Sekundenschlaf umkippt, 
offenbart darum auch nicht annaehernd, warum es genau so hier 
geschah. Es beschreibt nur wie es wo geschieht.

Auch wenn Durkheim wohl selber die sogenannten "Residuen" einer 
Soziologie, also diese allen Teilnehmern des Sozialen immer 
zugrundeliegenden aber versteckten Kategorien, selbst als ungenuegend 
ansah, war dies doch vielleicht fuer ihn nur ein methodisches 
Problem. Denn er spricht bei einem speziellen grossen Bruder des 
Schlafes auch kalt davon, dass es keinen Unterschied mache, ob z.B. 
Selbstmord "einen Zustand sui generis der Kollektivseele darstellt 
[...] oder [...] nur die Summe von Individualzustaenden" sei. Fest 
stehe jedenfalls, dass bestimmte gesellschaftliche Gruppen eben mehr 
Selbstmoerder als andere hervorbringen. Wenn eine Gruppe im 
Sekundenschlaf mehr Rotweinglaeser verschuettet als andere, ist das 
sicher "signifikant", aber sicher kein bloszer Individualzustand. 
Denn warum diese Gruppe dem Sekundenschlaf anheimfaellt, ist mit 
seiner einfachen statistischen Tatsache nicht erklaert. Zumal die 
Folgen fuer die eine Gruppe sicherlich andere sind, als fuer die 
andere so neutral genannte Gruppe. Nur weil in beiden Leute mit 
einem Rotweinglas in der Hand feiern und dabei einschlafen, kann man 
von diesem Fakt nicht auf die sozialen Ursachen dieser sozialen 
Tatsachen schliessen. Die generelle Tendenz zum Sekundenschlaf mit 
einem Rotweinglas in der Hand gibt es jedenfalls nicht.

Anonymus

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3.

3dos NEU

deBts

Sounds und Gespraech mit Guenther Sandleben zur Wirtschaftskrise im 
Dezember 2011


Schulden sind ein irgendwie sehr "beliebtes" Thema. Aber was steht
hinter den nun explodierten Staatschulden? Was ging auf der
oekonomischen Ebene der Rettung der Banken voraus und wie kann
eine veraenderte Sicht der Dinge die Handlungsoptionen aendern?

Guenther Sandlebens Buch _Finanzmarktkrise - Mythos und
Wirklichkeit_, erhaeltlich bei proletarische Texte*, bietet 
eine sehr gut lesbare und dennoch dezidierte Einfuehrung in die 
Krisenentwicklung des Kapitals jetzt. Griechenlands 
"Totaler Ausverkauf" und Italiens riesige Schuldenquote werden 
angesichts der nachvollziehbaren Mechanismen aller Phasen nach 
der Ueberproduktionskrise zu notwendigen Konsequenzen.
Guenther Sandleben sprach ueber die Finanzmarktkrise und war zur 
Diskussion da. Das alles war eine Veranstaltung des top e.V.
Vielen Dank an dieser Stelle an Pablo Hermann vom okk.

Wie man sich wissenschaftlich und selbst-kritisch aesthetisch 
mit der Darstellbarkeit und der Debatte des zyklischen 
Terrors von Schulden und Schuldenbremse beschaeftigen 
kann, war ein anderer Schwerpunkt des Abends. Das Projekt 
38317 hatte im letzten Jahr da einen Vorschlag gemacht:


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                         F G I E J G C U
                         r e t u a r a S
                         a r a r p e n A
                         n m l o a a a
                         c a y z n t d
                         e n   o     a
                           y   n   B
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                       Development of 
                       State Debts 
                       percentage-wise of GDP

                       France 82,6
                       Germany 84,5
                       Italy 120,1
                       Eurozone 86,3
                       Japan 227,0*
                       Great Britain 81,7
                       Canada 79,3
                       USA 93,6

                       * 2 x 113,5 dB due to 
                         technical reasons

Das waere die Umsetzung der Staatsschulden-Quoten in Dezibel, also 
Krach (die Zahlen stammen als prognostische aus dem Jahr 2009). Siehe
www.n0name.de/38317/debts

Waehrend etwa bankleer mit Ihrer Installation "headfonds" fuer den 
Frankfurter Kunstverein im letzten Jahr (http://bankleer.org/?p=355&
langswitch_lang=en) nicht ueber eine boersenotierende Sichtweise 
hinauskommen -- es ist hier der Haendler, der mit dem Kopf durch die 
Decke stoeszt und zum Boden wieder herausguckt -- und es Oliver 
Walker mit "Bringing the Market Home" (http://oliverwalker.org/
index.php?/projects/bringing-the-market-home/) nur gelingt, das 
gleiche Bild etwas zu verschieben, da er lediglich online 
Finanztransaktionsdaten auslesen laesst, die dann ein Alltagsobjekt 
penetrieren, mit dem Ergbenis, z.B. Lichter in einem Gang zu 
unterbrechen, kann auch Svein Flygari Johansens "Snowman" nur 
bebildern, was marktgaegnig erscheint. Der Schneeman, der in 
Abhaengigkeit zum fallenden oder steigenden Oelpreis (wenigstens) im 
Video schmilzt oder waechst (http://www.panbarentz.com/projects/
exhibition-pan-barentz/sfjohansen), zeigt nur alternativ, was an jeder 
Tankstelle in Zahlen ausgedrueckt wird und dort real schmerzt, im 
Gegensatz zu Walkers kalkuliert ausgehenden Lampen.

Diese Sichtbarmachungsstrategien beschraenken sich jeweils auf ein 
Phaenomen, einen Ausschnitt der wirtschaftlichen Krise und auch 
38317's Projektversuch "deBts" kann nur dort schneller oder lauter 
werden, wo diese sehr einfache "Datenvisualisierung" reagiert auf 
vorgegebene Mengen. Zusammenhaenge bekommen diese Ansaetze nicht 
in den Blick. Das ist offenbar das Defizit der synthetischen 
Wissenschaftskuenste, die analytisch nicht viel aufzubieten haben, 
was mehr als Illustration oder Perspektivenwechsel waere.

Soviel hier leider nur atemlos zur Vorrede zum Gespraech mit Guenther 
Sandleben, das am 16.12.2011 im okk/raum29 in der Prinzenallee 29 
stattfand. Der Mitschnitt wird hoffentlich bald auf 88.4 MHz per 
senderberlin.org fuers colaboradio von radi0.tv als Montage gesendet.

Der 3dos NEU widmet sich offenen Treffen zu oekonomischer Politik
und Audiovisuetc.ellem. Die einfache These ist hierbei, dass das
Politische z.B. im Hoerbaren erscheint, in diesem aber nicht aufgeht.

Dieser 3D Open Space war schoneinmal, 2002 parallel zur Documenta 
in Kassel aktiv und wird nun wiederbelebt.
_________________________
* www.proletarische-plattform.org/proletarische-texte

okk/raum29
http://kritische-kunst.org/de/okk-raum

u.a. Guenther Sandleben
www.proletarische-briefe.de

Matze Schmidt

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4.

Finanzmousse

Argumente (thesig) aus dem Aermel gegen die Finanzismus-These

korrigiert usw.

Argumente aus dem Aermel sind kein Taschenspielertrick wie er fuer
den sogenannten Finanzismus als Grundlage allen Handel(n)s gesetzt
wird (Casino-Kapitalismus). Sie entstehen aus angesammeltem (oft
2nd hand) Wissen und richten sich tendenzioes gegen eine sich
untendenzioes gebende Verrationalisierung der derzeitigen Krise
der kapitalistischen Oekonomien.

Die Behauptung der Finanzismus-These ist, es gaebe eine Herrschaft
des Geldes gegenueber allen anderen Bereichen des sozialen Lebens.
Zivilgesellschaft und Wirtschaft und das alltaegliche Leben
wuerden von einem Regime der Finanzen beherrscht. Die Konnotation
mit "Nazismus" ist dabei nicht rein zufaellig. Manche Vertreter
der Finanzismus-These sprechen ganz offen von einem "finanziellen
Nazismus", was sofort die Folgen der Herrschaft der Deutschen
militaerisch-faschistischen Kraefte aufruft, den Holocaust.
Die Herrschaft der Finanzwelt ueber die uebrigen Welten und
Holocaust sind also indirekt miteinander verknuepft, weil die
Folgen beider vergleichbar seien.
Im Finanzwelt-Holocaust Link liegt aber mehr als nur eine
Assoziation, denn den Finanzismus-Thetikern geht es um eine
strukturelle Verwandtschaft beider, dem Nazismus und dem
Finanzismus.

Aus der Diskussion um Heideggers Naehe zur Naziherrschaft ist
bekannt, dass da bei Heidegger Obergattungen der reinen und der
unreinen Lehre verhandelt werden. Heidegger machte (vgl. Victor
Farias*) im Nazismus selbst einen Unterschied geltend: den des
offiziellen aber oberflaechlich ausgerichteten Nazismus und den
der, nur in seiner Tiefendimension philosophisch erfassbaren
deutschen Ueberlegenheit des Denkens. Mokiert ein intellektueller
Diskurs (im Sinne von discourse oder discursus, also Abhandlung
und Diskussion) die fehlende Kontrolle des Finanzswesens, dann
erscheint es so, als gaebe es ein reineres Wesen desselben. Und
dieses waere dann eines, welches ein "Recht auf Lohn" oder
"gerechten Lohn" zum Sein braechte, wenn es denn am Wesen
(substantiviertes Verb) waere. Liesze man also das Wesen doch nur
richtig wesen, dann wuerde alles alles gut. Dieses Wesen kann
dann nichts anderes sein, als ein kontrolliertes Finanzwesen.
Das Fina(n)zitum kaeme an sein Ende.

Der im Finanzismus enthaltene Ismus deutet an, es handele sich
um ein Zusammenhaengendes, um das begriffliche Ergebnis einer
Forschung oder wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Darin wirkt
das Forschungsergebnis, der Kapitalismus sei mit dem reinen
Geldmarkt auf einer hoeheren Stufe angelangt. Marxisten wuerden
vielleicht sagen, auf einer hoeheren Stufenleiter(sprosse)
verwirklicht sich das Wesen des Kapitalismus. Marxisten wuerden
aber auch sagen, ganz entgegen Heidegger, fuer den das Wesen
schon alles ist, dass ein Wesen immer eine Oberflaeche zeitigt,
das Phaenomenale, und dass es Aufgabe von Wissenschaft ist, von
den Phaenomenen auf das Wesen, also den 'Mechanismus' dessen
wovon man spricht zu schlieszen. Was ist aber das Wesen des
Finanzismus?

Die Behauptung der Geldherrschaft stuetzt sich auf die
'Erkenntnis' einer angeblich existierenden Geldindustrie oder
einem produktiven Finanzkapital, welches die Bedingungen der
fuer die Wirtschaft setze, sie bestimme und ausnutze. Die These
der Herrschaft der Finanzen ueber das demokratische System, den
Staat und seine Buerger hat also im Kern eine implizite These
der Kontrolle und Dekontrolle: Das Finanzsystem kontrolliere
die Welt und fehlende Kontrolle ueber dieses System der Finanzen,
die mit Banken, der Wallstreet und Konzernen gleichgesetzt wird,
wuerde diese Hegemonie des Geldes erst ermoeglichen.

Die Geldindustrie und ihre Institute, die Banken und Kreditgeber,
die Schuldenmacher und ihre Agenten die Banker, wuerden auf der
nun erreichten hoeheren Stufe des Kapitalismus ohne jede Bindung
an das materielle Gueter produzierende Gewerbe Wert schaffen. Sie
wuerden also aus Geld mehr Geld machen und dann noch mehr und so
weiter. "Geld heckendes Geld" nannte das der Namensgeber dieses
anderen Ismus: Da soll es also etwas geben, das aus sich selbst
heraus Mehrwert erschafft. Und genau diesem Phaenomenalismus sitzt
der Quark, der Mus, die mousse des Finanzismus auf, dem Zins, der
scheinbaren (!) Selbstverwertung des Kapitals aus sich selbst.

Es ist nicht gesagt, dass dieser von Marx als "Kapitalfetisch"
bezeichnete Vorgang nicht real waere. Dies aber als so woertlich
"Kapitalmystifikation" also einem stetigen Vorgang der
Mystifizierung der realen Verhaeltnisse, die dann wieder Thesen
hervorbringt wie die eines Finanztums, das sich zur Weltherrschaft
ausgeweitet habe. Im "Kapital" Band 3 geht es um die Geldware, die
"unabhängig von der Reproduktion", dem Bau von Maschinen und der
Herstellung von Waren, ihren Geldwert hervorbringe. Also doch kein
mousse? Oder ein Brei, der sich immer weiter reproduziert? Fakt
ist, dass es kein Brei ist.

Unverzehrbares Geld, wer hat denn sowas schon gesehen? Das
allgemeine Aequivalent nimmt naemlich dann -- ob Android oder
jede von neuen Maschienenstuermern als eine solche anerkannte
Maschine -- sich dann vom Geldmarkt aus, wenn diese Ware nicht
verkaufbar ist und der Kredit, der das Kapital dem ludditischen
Coder zur Verfuegung stellt, sich nicht mehr einstellt, also
abstellt, da vom Code nichts mehr Warenwertiges zu erwarten ist.

Der Mythos des G-G' mag produktiv sein und verdeckt holocaustische
und damit verdreht anti-pro-semitische Finanz-Verwissenschaftung
hervorrufen, der Mythos in seiner ueberbordenden (vor allem wohl
ausserakademischen = halb-hobbyistischen) Produktivkraft faellt
aber auch in die Falle des Fetisch, das heisst der Zuschreibung
einer Sache oder eines Vorgangs. Und diese ist, das Ding macht
sich selbst. Dass Kredit immer der Produktion folgt zeigte die
Situation in der BRD ungefaehr 2008, als in der Hochphase der
Immobilienkrise in den USA, Kredite fuers produzierende
Gedingsbums ohne Probleme zu bekommen waren. Gerade die
'auslaendischen' Kapitalanleger (aus Griechenland, Spanien,
China?), die sich in Berlin (in Panik) die Haeuser kaufen,
folgen dem materiellen Wert, nicht umgekehrt. Und das ist nicht
der Spezialfall -- Kapital, ausgepresst aus der Mehrarbeit, auch
und vor allem 'wieder' in "Made in Germany" (Nena, Rammstein,
Grossbritanniens "Merchandise Marks Act von 1887"), wird
in der Industrie dringend benoetigt und geht dahin wo der
Mehrwert lockt. Aber die Verwechslung des Profits mit dem
Merhwert ist schon was. Der Profit sei ja das schlechte Ziel
des Kapitals, es solle besser nur Umsatz machen.

Es gibt also weder einen Finanzismus noch ein Geld machendes
Geld. Schlaegt der Kredit ins Monetare um**, wie geschehen,
wenn Unternehmen anderen Unternehmen und Banken anderen Banken
kein Geld gegen Zins mehr leihen, weil der Wert des Mehrwerts
der Ware allein zaehlt, dann wird klar, dass zum Beispiel das
Haus nicht die beste, kontrollierteste, fairst entlohnteste
AnLAGE bedeutet, sondern jedes materielle aus Mehrwert
entstandene (deftig verkuerzt, M.S.) _die_ GrundLAGE ist fuers
Anleger suchende Geldkapital.

Die Finanzismus-Thesenvertreter haben die Kapitalzirkulation
entdeckt, und ihrem Fetisch brennen sie Kerzen ab. Der
Finanzismus kann demnach mit Rassismus verglichen werden. Er
wird als Ressentiment verwissenschaftlicht in den Koepfen
gebastelt zur Verteidigung der alten Ordnung die da nun ist:
Entmachtet die Banken fuer neue, bessere Banken. Und die Rechner
auf allen Seiten, auf den Tischen, der an den boesen
Boersenkurs-Tickern sitzenden Schlipstraeger und zu die
Hause mit dem neuen gruenen OS drauf kriegen wir auch noch
wieder liberalisiert.

Kurz noch zum "globalsisierten Algorithmus" des Geldes, den manche 
am Werk sehen: Wahrscheinlich ist das bereits ein Verhau, eine 
Schliessung und Ueber-Interptretation von Ablaeufen anhand eines 
ausgewachsenen Metapherngewirrs. Was bliebe aber nach einer 'Rodung' 
uebrig? Erwartbar eine Deutungsschneise, in der man aber den, auf 
einen Selbtszweck zusammengeschnurrten Geldwert, der sich in 
reinster Form im Finanzwesen erfuelle, nicht mehr an sich erklaeren 
kann.

_________________________
* http://www.ca-ira.net/isf/jourfixe/jf-1999-2_friedhofsschaendung.html

** http://www.amazon.de/Geldware-Geld-Währung-Grundlagen-Problems/dp/
   3886193454

Matze Schmidt

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5.

Fuer den n0name newsletter

von

Ali Emas


ACTA Akt


In der U-Bahn musste ich drei junge Frauen fragen, die das Wort auf 
ihre Jacken geheftet hatten oder auf dem Mundschutz kleben hatten,
"Was ist ACTA?". Eine sagte nur: "Youtube". Diese direkte und 
gelungene Kopplung der lokutiven und illokutiven Teile im Akt des 
Sprechens <in der Sprechakttheorie der Akt des Sprechens, der 
sprachlich immer schon etwas Aussersprachliches meint>, mit der 
Wirklichkeit und Adresse ihrer Auffindung zusammenfallen, bewirkte 
bei mir -- smart online -- schon die Perlokution, die zur Handlung 
ueberzeugte Taetigkeit, bei der das Ergebnis einer Sprachhandlung 
zeitlich mit deren Vollzug zusammenfaellt. Ich erinnerte mich nicht, 
hatte jeden Appell vergessen. Das Handelsabkommen, gegen das 
demonstriert wurde, im Februar, war aber schon in den Sekunden der 
Anwahl entsprechender Suchmaschinen nicht mehr aktuell und von der 
Regierung wortspielerisch "ad acta" gelegt, wie die elektronische 
Presse schrieb.

Ist hier der Akt mit seiner sprachlichen Wirkung (oder umgekehrt) 
aber nicht ausseinandergefallen? Wenn dieses Abkommen mehr 
rechtliche Probleme schafft, als es zu loesen vermag fuers Kapital, 
also den Mittelstand schaedigt, und die Gegenwehr sich massenhaft 
formiert bei gleichzeitiger Aufgabe des Vorhabens, das Abkommen zu 
ratifizieren, ist dann "bewusst, was ACTA bedeutet" (modifiziertes 
Zitat von Markus Beckedahl)?

Vom Verteilungsschluessel ist getippt worden und, dass ein 
verschaerftes Urheberrecht dem kleinen Urheber nichts braechte. 
Genau die piratistische Scheinselbststaendigkeit. Oder will man 
Diversity?

Vor dem Einkaufzentrum, in billigem Gold und rotem Stein vor dem 
Beton, stehen die "mobilen" Wuerstchenverkaeufer in der Kaelte und 
das auch attackierte ACTA aendert nichts daran. Das Amt fuer Ordnung 
sagt: "Ein Verbot waere ein Eingriff in die Gewerbefreiheit.". Das 
Verbot, also der verschaerfte Schutz der Urheber dieser Idee, 
Wuerstchen bauchladenmaeszig auch von Rollstuhlfahrern verkaufen zu 
lassen, wuerde also den diversifizierten Wettbewerb stoeren. Hier 
fallen dann Lokution, Illokution und Perlokution wieder in eins: 
Die sprachliche Aussage ueber die Tatsache der Konkurrenz am Markt 
und das Vollziehen einer Handlung mit Hilfe einer sprachlichen 
Aeusserung und die Ueberzeugung durch diesen Sprach-Akt sind eins. 
Welches Klebeband vor dem Mund mit der Aufschrift "ACTA" aendert 
das? Wiedereinmal blosz die Macht der Sprache anstatt die Macht der 
Handlung. Diese sind trotz Sprechaktionismus trennbar.

Kommentare

 Yelena Simc
 11. Feb 2012 um 18:30

 Sind Illokution und Perlokution nicht im Zusammenhang falsch 
 wiedergegeben? Die Perlokution, schliesst sie nicht an den 
 Sprechakt an, aber "by speech", wobei die Illokution "through 
 speech" akiv ist?


 Matze Schmidt
 11. Feb 2012 um 18:56

 Warzm "actest" Du nur selbst sprechlich, wenn Du nicht an 
 die Wirkmaechtigkeit von Sprechn glaubst?
 Die Warenfoermigkeit wie oft hat man das gelesen, aber gilt 
 sie nicht fuer ACTA als Ausgangspunkt?


 Online-Appell
 11. Feb 2012 um 20:11

 Ich glaube, da werden an noch ganz anderen Schrauben 
 gedreht. Ginge es nur ums Reden oder das bisschen Ware, 
 waer die -- junge -- Empoerung nicht so massiv.


 Matze Schmidt
 11. Feb 2012 um 20:28

 @Online-Appell: Ware is ja schon die Ueberwachung, wenn
 Du darauf anspielst?


 Online-Appell
 11. Feb 2012 um 20:38

 Ich glaube, da werden an noch ganz anderen Schrauben 
 gedreht.


 Ali Emas
 11. Feb 2012 um 21:07

 "die Perlokution, die zur Handlung ueberzeugte Taetigkeit, 
 bei der das Ergebnis einer Sprachhandlung zeitlich mit deren 
 Vollzug zusammenfaellt." Selbst wenn die Sprechakttheorei 
 das anders fasst, hier hilft die Unterscheidung, dass etwas 
 zusammenkommt, koinzidiert, aber auch zusammenfaellt / 
 zusammenbricht.


 Matze Schmidt
 12. Feb 2012 um 16:30

 Du wirfst den Protestlern also Protestantismus vor?


 Yelena Simc
 12. Feb 2012 um 17:39

 @ Matze: Wenn Du nicht bei er Geschlossenheit der Oeffnung 
 in alle Richtungen eines Poststrukturalismus landen willst, 
 musst Du schon noch Ware und den Apparat, der die 
 Ueberwachung durchsetzt, unterscheiden. Aber wenn die Ware 
 sich erstmal selbst ueberwacht, dann ist das ja technisch 
 geloest.


 Ali Emas
 12. Feb 2012 um 18:02

 Ich glaube nicht, dass es darum geht. Ware, die ihre 
 Ueberwachung mit einschliesst ist nicht nur technisch, 
 weil d ie Ware vor unerlaubtem Zugriff geschuetzt werden 
 muss. Die Ware ist Ware, weil sie nicht jeder fuer 
 nichts bekommen kann. Sie spielt offenherzig und bietet 
 sich an, ist aber nur lebendig, wenn sie gekauft werden 
 kann. Davor ist das Schloss, die Videoueberwachung, die 
 Lohnarbeit. Ohne Kaeufer-Moral kein Kaufrausch. Also die 
 Frage war: Welche Richtung geben die ACTA-Protestierenden 
 an. Wenn sie die Ware zurueckwollen, fuer die sie nichts 
 zahlen muessen, weaere das fatal. Denn diese Ware, die wie 
 frei aberufbar aussieht ist ja bereits von ihnen gezahlt 
 worden. Die Zeitfonds und Lohnfonds, wer fuellt sie fuer 
 diese Inhaltindustrie der Schenkung, der sogenannten 
 Geschenkoekonomie?


 Matze Schmidt
 12. Feb 2012 um 18:28

 Insofern wirfst du Ihnen nicht Protest vor, aber ihre 
 gemeinsame (schwarmige?) Haltung, im Sektor 
 "immaterielle Ware" nur die Distribution aber nicht die 
 Herstellung zu sehen?


 Xaver
 13. Feb 2012 um 12:06

 Sie protestieren nicht gegen die ueberwachte materielle 
 Ware und sind aber auch historisch an Lern-Punkten 
 angelangt, massen haft.


 Matze Schmidt
 13. Feb 2012 um 18:45

 Massenhaft.


 Ali Emas
 14. Feb 2012 um 20:44

 Nahctrag zur Perlokution: Die Theorie sagt, sie ist 
 resultativ. Das bedeutet, Perlokution ist ergebnisoffen, 
 offen fuer Interpretation, denn ihre Handlung zeigt noch 
 nichts vom moeglichen Ergebnis. Sprecher/Schreiber und 
 Hoerer/Leser sind in diesem Konzept klar getrennt. Der 
 Sprecher kann die Interpretation des Hoerers 
 zurueckweisen. Hier wird also etwas aufgeschoben. Das 
 waere folglich korrigierend in das Modell des 
 _Zusammefallens von Sprechen und Handeln in eins_ 
 einzufuegen. Damit aendert sich auch die Evidenz , 
 dieses Modells vielleicht. Jedenfalls, wo Lokution, 
 Illokution und Perlokution zusammenfielen oder 
 zusammenfallen wie ich behauptet habe, wuerde Diskussion 
 unmoeglich, weil ja alles gesagt und zugleich getan 
 waere. Aber das ist falsch, denn Perlokution ist auf 
 den Sprachakt beschraenkt und besagt nicht, so wie ich 
 es in diese Richtung gezogen habe, dass dieser 
 sprachliche Akt die Handlung ist. Illokution sagt etwas 
 ueber eine Handlung aus, ist selbst eine Handlung, aber 
 ist nicht mit der Handlung die sie beschreibt identisch. 
 Ebenso die Perlokution, die aber i. Ggs. zur Illo 
 weniger eindeutig ist. Und um jetzt noch mehr zu 
 verwirren, beharre ich auf der Vorstellung, die ACTA-
 Protestler behaupteten, ihr Akt sei Handlung u. Impact, 
 mit Einfluss auf den Lauf der Dinge, aber -- so sage ich 
 -- dieser Akt ist blosz sprachlich, hat also nur 
 sprachlichen Impact. Das ist mein  Skeptizismus und 
 wuerde daher fuer allen Protest gelten.


 Matze Schmidt
 15. Feb 2012 um 09:31

 Einigermaszen wichtig, wenn auch systematisch so nicht 
 ganz streng. Aber die Protestforschung, die jetzt 
 durch die Umwaelzungen in den Nordafrikanischen Staaten 
 Auftrieb bekommen hat, muss ja auch die Grenzen des 
 "kommenden Aufstands" in den Europaeischen Staaten 
 beachten. Erinnert man Rumaenien 1989, dann war es die 
 Securitate, die die Massen wortwoertlich draengte und 
 nicht die grosse Revolution, die im Fernsehen stattfand, 
 welche der erste Ausloeser war. Was damals, direkt im 
 Anschluss, von manchen als Gegenthese zu "The Revolution 
 will not be televised" aufgestellt wurde und die 
 Europaeische Medientheorie aus dem Video/TV her mit 
 begruendet hate und auch sehr revoltisch macht. Ganz 
 Kerneuropaeisch und kultiviert-antiamerikanisch, also 
 gegen die dort herrschenden Verhaeltnisse der falschen 
 TV-Demokratie. Harun Farocki zeigt da mit seiner Studie 
 ueber Talkshows etwa zehn Jahre spaeter ein anderes Bild 
 der, bei ihm deutschen, Fernsehverhaeltnisse.

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6.

Rezension von Sabine Nuss. _Copyright & Copyriot_ 49


"Damit Arbeitskraft als Ware gekauft werden kann, muss der Arbeiter 
doppelt frei sein: Frei von Produktionsmitteln, die ihm seine 
Subsistenz erlauben würden, und außerdem formal frei, seine 
Arbeitskraft zu verkaufen." War gleichermaszen die Maszgabe fuer 
die "L'Origine du monde", den Ursprung der nun aber sozial 
verstandenen Welt und nicht, dass sie blosz verschlossen bleibt oder 
nur Fetisch, sondern Notdurft.

"Die Güter müssen knapp gehalten werden, unabhängig davon, ob sie 
dies tat-sächlich sind (gemessen an den vorhandenen Bedürfnissen). 
Privateigentum be-"

Sabine Nuss haelt weiter am Ausschlussbegriff fest, denn er bestimme 
nicht nur Konsum sondern auch Produktion:

inhaltet demnach ein doppeltes Ausschluss-System, einerseits 
Ausschluss von den Produktionsmitteln und Ausschluss von den 
Ergebnissen der Produktion, welche erst im Tausch gegen Geld wieder 
angeeignet werden können.8
  Der doppelt freie Arbeiter als Voraussetzung der kapitalistischen 
Produktion ist aber nicht einfach vom Himmel gefallen, sondern musste 
historisch erst geschaffen werden. Der Prozess, der ihn hervorbrachte, 
war allerdings keineswegs ein idyllischer: „In der wirklichen 
Geschichte spielen bekanntlich Eroberung, Unterjochung, Raubmord, 
kurz Gewalt die große Rolle" (Marx 1893, 1984: 742). Er verwandelte 
einerseits die gesellschaftlichen Lebens- und Produktionsmittel in 
Kapital, andrerseits die unmittelbaren Produzenten in Lohnarbeiter:

„So (...) schuf der große Feudalherr ein ungleich größeres Proletariat 
durch gewaltsame Verjagung der Bauernschaft von dem Grund und Boden, 
worauf sie denselben feudalen Rechtstitel besaß wie er selbst, und 
durch Usurpation ihres Gemeindelandes (...)" (Marx 1893, 1984: 746)."

Vergleiche die sogenannten Entmietungen in den Grossstaedten des 
fruehen 21. Jahrhunderts.

"Die qua Gewalt angeeigneten Besitztümer wurden mittels des 
bürgerlichen Rechts als Privateigentum legalisiert und das damit 
etablierte und manifestierte Klassenverhältnis wird darauf aufbauend 
seither stets reproduziert „to protect certain current interests and 
in doing so codify their protection as 'property"` (May 2000: 16). Die 
Trennung von Produzent und Produktionsmittel ist aber nicht nur 
historische Voraussetzung, sie wird auch innerhalb des 
kapitalistischen Produktionsprozesses selbst beständig reproduziert. 
Die kapitalistische Reproduktion des Klassenverhältnisses ist 
allerdings nicht mehr auf die außerökonomischen Zwangsmittel alleine 
angewiesen, die es während der sogenannten ursprünglichen 
Akkumulation benötigt hatte. Jetzt wirkt der „stumme Zwang" der 
ökonomischen Verhältnisse und das staatliche Gewaltmonopol „schützt" 
kraft seiner Gesetzge-
________________________________________________________________________
   Zu den anderen:
   Man soll's nicht glauben.
   Langes Lächeln aller.
   MAULER
   Sie mögen niedrig scheinen, überflüssig
   Ja, lästig manchmal, doch dem tiefern Blick Kann nicht entgehen, 
   daß sie die Käufer sind!
8 „Unter den rechtsförmlichen Beziehungen der Rechtssubjekte 
  untereinander ist ein besonderes Recht hervorzuheben, nämlich das 
  Recht auf privates Eigentum. Aus dem Eigentumsrecht werden weitere 
  Freiheitsrechte abgeleitet wie die Vertragsfreiheit, die 
  Gewerbefreiheit usw. Das Recht auf Eigentum ist auch insofern 
  grundlegend, als der Tausch von Waren auf seiten des Verkäufers 
  voraussetzt, daß er der Eigentümer der Ware ist. Tausch ohne 
  privates Eigentum ist nicht vorstellbar. Eigentumsrecht impliziert 
  auch das Recht auf `Übereignung und Aneignung von Sachen'. Darin 
  ist auch die Aneignung von Mehrarbeit eingeschlossen" (Altvater 
  1977: 88 f.)."

Oder: "Kauf bricht doch die Miete", entgegen allen verbrieften 
Rechten der Mieter. Es existieren eben Mieter verschiedener Klassen 
oder genauer Schichten innerhalb einer Klasse, die sich in Besitzer 
und Eigentuemer von z.B. Wohnraum aufspaltet. Jede Regulation kommt 
immer zu spaet, jeder Schutz des Milieus ist Magamenent des Quartiers.

"161

bung dieses Gewaltverhältnis. Im Hintergrund lauert allerdings immer 
noch das außerökonomische Zwangsverhältnis: Verstöße gegen die 
Gesetze werden mit der Staatsgewalt verfolgt.
  Die historische Schaffung des doppelt freien Arbeiters beschreibt 
Marx mit der Wendung „die sogenannte ursprüngliche Akkumulation" im 
24. Kapitel des „Kapital" (Marx 1867, 1989: 741 ff.). Mit der 
ursprünglichen Akkumulation ist jener Prozess gemeint, der die 
Vorgeschichte des Kapitals beschreibt, das heißt die Antwort auf die 
Frage, wie die Reichtümer überhaupt akkumuliert wurden, die dann als 
Kapital für die kapitalistische Produktion vorgeschossen werden 
konnten. Das Wort „sogenannte" ist dabei eine ironische Anspielung 
auf die bereits erwähnte Arbeitstheorie des Eigentums. Demnach stößt 
diese zwar auch in der bürgerlichen ökonomischen Theorie auf 
Widersprüche, gilt ihr aber dennoch als allgemeines Gesetz und hat 
ihr zufolge in Reinform durchaus stattgefunden, und zwar in den 
Anfängen der bürgerlichen Gesellschaft. Nicht durch Raub, Mord und 
Gewalt und die Trennung der Produzenten von ihren Produktionsmitteln 
wurde in dieser Lesart Reichtum akkumuliert. In der Vorstellung der 
bürgerlichen Ökonomen ist die ursprüngliche Akkumulation 
zurückzuführen auf den Fleiß, die Sparsamkeit und die Intelligenz 
einer bestimmten Elite, der gegenüber eine Masse faulenzender 
„Lumpen" stand (vgl. Marx 1867, 1989: 741).
  Abgesehen davon, dass hier in der Retrospektive ein Idyll 
gezeichnet wird, wo Gewalt vorherrschend war, kritisiert Marx diese 
Version der ursprünglichen Akkumulation als ahistorisch, denn das 
allgemeine Gesetz der Identität von Arbeit und Eigentum ist als 
Schein, der sich der Perspektive der einfachen Zirkulation verdankt, 
erst Resultat des entwickelten Kapitalismus und nicht Bestandteil 
einer noch nicht kapitalistischen Gesellschaft. Damit ist die 
Identität von Arbeit und Eigentum „in die goldnen Zeiten wo noch 
kein Eigenthum existirte" verbannt (Marx 1858, 1980). Es handelt 
sich bei der einfachen Zirkulation nicht um eine vorkapitalistische 
Warenproduktion, die irgendwann einmal existiert hat, sondern um die 
abstrakte Oberfläche kapitalistischer Produktion: erst wenn die 
gesellschaftliche Produktion kapitalistisch organisiert ist, wird der 
Tausch von Ware und Geld zur dominanten Form der Vermittlung der 
gesellschaftlichen Reproduktion. Und erst jetzt kann sie, eben weil 
sie überall auftritt, als etwas Ursprüngliches, den Kapitalismus 
Übergreifendes, erscheinen.
  Den überhistorischen Konstruktionen von Eigentum hält Marx entgegen, 
dass die „sogenannten allgemeinen Bedingungen aller Produktion" nichts 
anderes sind, als „diese abstrakten Momente, mit denen keine wirkliche 
geschichtliche Produktionsstufe begriffen ist" (Marx 1857/58, 1953: 
10). Der Sklave, der Leibeigene, der Lohnarbeiter, sie alle erhalten 
ein Quantum Nahrung, das es ihnen möglich macht als Sklave, als 
Leibeigner oder als Lohnarbeiter zu existieren. Der Eroberer aber,

162"

... lebt vom Produzieren des Eroberten. Aber der ist ja heute nicht 
Sklave und Wegwerfhumankapital, er ist im entwickelten Kapitalismus 
frei nicht Eigentum des Bosses zu sein, und er ist frei, Anbieter 
seiner Arbeit zum Preis zu sein -- Lohnsklave ohne jede Verpflichtung 
seitens des Eroberers/Bosses/Chefs.

Ali Emas/Matze Schmidt

Sabine Nuss. _Copyright & Copyriot: Aneignungskonflikte um geistiges
Eigentum im informationellen Kapitalismus_. Muenster: Westfaelisches
Dampfboot, 2006. 269 S. - EURO 19,90. Erschienen: Oktober 2006

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Hier nochmal der n0name Spendenlink:
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