[spectre] Betreff: Dearest Tinkebell,

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Mon Jun 29 10:09:19 CEST 2009


Von: Matze Schmidt
Betreff: Dearest Tinkebell,
Datum: 25. Juni 2009
Nicht An: tinkebell(at)tinkebell.com

Ich koennte jetzt schreiben:
Du Hure, ist Dir klar, dass du irgendwie sterben wirst dafuer, dass 
Du die Hassmail geschrieben hast? Auf deine MySpace-Identitaet 
scheisse ich. Dass Du fuer Fair-Trade bist und gegen Kinderarbeit und 
dem Buddhismus, dieser Leidenssklaverei, huldigst und alle Wesen 
liebst, hilft Dir wenig. Das gute Web 2.0 ist VERGANGENHEIT, hat 
nie existiert und gab es NIE. Kein Tier auf den Buechern von O'Reilly 
bringt den vom Benutzer generierten Mehrwert wieder, das ist vorbei, 
die von Netzwerken multiplizierten Effekte (http://www.oreilly.de/
catalog/web2strategyger/toc.html) sind laercherliche Fontainen 
(http://www.koert.com/work/datafountain) der Boersenkurse im Wind. 
Aber vielleicht hat Koert van Mensvoort ja recht, und man muss das 
Paradox leben und umdeuten. Onlinemenschen, zu Hause nett, im 
Show-Netz zu nett, anonyme Killer. Allerdings ist Koeperlichkeit/Physis 
und das Materiale im Gegensatz zum Daten-Symbolischen auch Mensvoort's 
Thema. Es muessen schon echte Koeperlichkeiten herauskommen. 
Steigende und fallende Waehrungskurse in Form von Fontainen deuten 
auf die Anmaszung des Phantastischen, auf die morbide Schoenheit von 
gekauften und verkauften Krediten. Aber muss hier moderiert werden? 
Mensvoort schlaegt nicht ohne Zynsimus gegenueber dem 
menschenverbindenden Internet das Gespraech vor: Jetzt, wo ich dich 
kenne, du Hassmailer, komme ich vielleicht auf einen Kaffee 
vorbei. Aber auch das, der produktive Widerspruch kann die Repressive 
Toleranz, leb Dich aus und zwar wortwoertlich, nicht stoppen. 
Gehirnwaesche und Kanalisierung sehen sich zum Verwechseln aehnlich. 
http://www.flickr.com/photos/silvertje/1843698352/ = Koert van 
Mensvoort & Arjo Kramer (Director Legal & Business Affairs at SBS 
Broadcasting B.V.) oder Arjo Klamer (The Value of Culture) ...?

Ist das die Demaskierung des semi-oeffentlichen A-Diskurses in der 
investigativ-analytischen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen 
(Tabu-)Themen? SCHEISSE! Scheiss nicht drauf! Die Demaskiererin muss 
sich ebenfalls selbst demaskieren, um Identitaet fest zu stellen. Und 
sie muss den anderen mit der noetigen Verstaerkung vorspielen was 
diese tun.
Bist du scheisse! Du Opfer. »Bist Du taeter«. Das Substantiv wird 
adjektivisch. Aus der Substanz des Subjekts wird Beschaffenheit 
oder Beziehung, aber die Festlegung auf die immerwaehrende 
soziale "Rolle" des Subjekts endet an dieser Stelle. Du bist wie 
ein Taeter, taeterhaft und Prototaeter, aber kein Taeter. 
700 Seiten _Dearest Tinkebell,_ mit dem ganzen ausgekotzen FremdHASS 
und SelbstHASS aendert auch nichts an moerderischen Mentaliaeten. Der 
Mord kommt mir hoch, Tinkebell hat den Tod gezeigt oder etwas, das 
wie ein symbolischer Tod aussieht. Der darf nicht sein. Was der 
Praeparator macht oder der Metzger muss im Verborgenen bleiben 
oder staendig aufgeklaert werden.

Man koennte meinen, Tinkebell haette nicht nur Tiere aufgerissen, 
enthaeutet, umgestuelpt, um sie weiter zu verarbeiten, in Beutel oder 
Taeschchen oder Stofftiere, die man umdrehen kann, das Innen nach 
Aussen, das dann ein Anderes ist, aus einem Hund wird ein Katze, 
also Spiel-Tiere mit Identitaetswechsel, weiterzuverarbeiten in die 
wirklichen Spiel- und Launezeuge, die sie sind, Haustiere als 
"Partner", die sie nicht mehr sind, sondern sie hat zusammen 
mit Coralie Vogelaar auch das 'Konzept' der isolierten 
Persoenlichkeitsperson aufgerissen, das originaere immer originelle 
Individuum, um zu sehen was fuer eine Scheisse in Deinem Gerede 
zustandekommt. Die Scheisse, das Tote, mit der man umgehen muss.

Aber klar, da Du selber Kuenstlerin bist, haelst Du Dich fuer keine 
Sklavin. Das Image des Kreativen ist die Freiheit. Die kann man 
sofort haben. Eroeffne ein Profil. Du liebst Deine Kinder und Deine 
Familie und die Dich lieben. Diese ganze Ich-Spiegelungsscheisse 
kotzt mich an. Wenn Du Vegetarierin bist, ist das noch keine Garantie 
fuer Deine Aufgeklaertheit oder Deine Emazipation von der Ware, die 
nie gelingen kann solange die Ware warenhaft ist. Oder ist es nur 
Dein Monster, das fuer Dich spricht? Dein Text, selbst der ist nicht 
Deiner, der ist Dein Koerper, den Du verkaufen musst, ohne wirklich 
Lohn dafuer zu bekommen. Denn die Logik des zweiten Internet ist ja, 
dass jeder fuer seine Produktivitaet bezahlt. In moeglichst grossen 
Lettern, heilig und auf jeden Fall mystisch und Fotos gegen die 
Erkenntis, umgesetzt in nur symbolisches Handeln, Handeln ohne zu 
handeln aber mitten im Handel. 
STIRB! Du Monster. Du bist Dein Laecheln nicht wert. Du liebst Deinen 
Hund? Und ist er Dein Objekt, bist Du sein Objekt? Ist Dein Hund Dein 
Ding? Und bist Du sein Ding: http://pauwenwitteman.vara.nl/Archief-
detail.113.0.html?&tx_veguestbook_pi1[pointer]=8&tx_ttnews[tt_news]=
11191&tx_ttnews[backPid]=111&cHash=2b51618765 ?

"Mit welchen Mitteln kann man ueberhaupt noch was aus den Leuten 
rausholen?" Fruehstueck im Pelz. Ueber die Pelztasse, gebaut von 
Meret Oppenheim, geht Tinkebell nicht unbedingt hinaus. Das Buch mit 
allen E-Mailadressen und Postadressen der vielleicht echten Menschen 
ist geschrieben worden von denen, die es nie schreiben wollten. Da 
ist die Nutzergenerierte Kunst, die wir alle nicht wollten. Das 
soziale Readymade gegen die den Alltag romantisierende ganzheitlich 
poetischen Lebensform der Surrealisten, gegen die Begabtheit der 
Kuenstler. Was man braucht sind Suchmaschinen und redaktionelle 
Arbeit! Ausloeser muss kein scheiss Kunstwerk sein, keine 
Provokation, kein Setting. Der Mensch als Ware ist Web: 
http://www.fashionmodeldirectory.com/images/identify/0_1214457463.jpg
Oder wie war das noch? Schullehrer sind inzwischen Coaches ihrer 
Schueler, Politiker neuerdings Moderatoren zwischen Kapital und 
Arbeit, Manager sowieso Kuenstler. Der einzige Unterschied besteht 
darin, einen Satz wie "Warum bringst du nicht auch deine Mutter um 
und machst eine Geldboerse aus ihr" nicht zu zensieren, sondern ihn 
lesbar zu machen. Ihn also in die Allgemeinheit zu ueberfuehren. Die 
Online-Exhibitionisten, die so moerderisch laecheln (http://fast.
mediamatic.nl/f/sjnh/image/757/77394-400-525.jpg), kriegen sich nie. 
Eine Defetischisierungskampagne kann da helfen.

Wurde hier jemand entlarvt? Die Person als Personschau, als Maske? Ist 
hinter der Maske des Charakters einer falschen Welt die richtige 
Person auffindbar, die unentfremdet sich zeigt, hinter der sich 
nichts mehr verbirgt?: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:
Rembrandt_Van_Rijn,_Die_Anatomiestunde_des_Dr._Nicolaes_Tulp.jpg 
oder http://www.onlinekunst.de/rinder/schlachtung/768_rembrandt_r_
ochse.jpg ...
Loesen wir die Dinge zusammen mit Niels Huijbregts von XS4ALL ohne 
Stress, ohne Ueberprodukt? Dem faellt auf, dass die sozialen Netze 
in 3d umschlagen. Etwas, was die "Access for all"-Bewegung immer 
wollte, aber nicht so.
Der MeinRaum, Rueckzug ins Oeffentliche und Offenbarungseid. Junge 
Maenner und Frauen kopieren auf Fotos die Fotos von 
XXX-Onlineportalen, die sie gefaelligst nur zu beschicken haben aber 
nicht demokratisch kontrollieren duerfen. Eine demokratische Kontrolle 
der Mitttel waere moeglicherweise ein Anfang vom Ende des sauberen 
Profits der freundlichen Zugangsanbieter. Doch die Artikulationsform 
Porno bleibt verboten weil ihre Praxis die Zucht und Ordnung der 
Libido stoert, und ist deshalb geil. Die Angst vor der 
Kinderpornographie ist in Wahrheit die Angst vor dem Verlust der 
Kontrolle seitens der herrschenden Macht, die das Netz sicher machen 
will, um den realen Markt fuer den unmenschlichen Porn nicht reell 
werden zu lassen, der er ist. Die folgliche Zensur, also Verbot, ist 
Verdraengung, wirklich Zensur, also Ueberwachung, also 
Krisenreaktion und das Zugestaendnis, dass Kinder im Rechtsstaat zu 
laechelnden Huren und Hehlern und Sklaven erzogen werden. Zu 
Tiermenschenrechtlern, supernetten Antihumanisten. "Dieser Lifestyle 
ist inzwischen eine echte Revolution geworden", sagt Che Guevaras 
Enkelin Lydia Guevara (siehe People for the Ethical Treatment of 
Animals http://www.peta.de/web/lydiaguevara.2336.html). Die 
Tierrechtler "bekaempfen die Sonderrolle des menschlichen Tiers" und 
sprechen auch mal vom "Holocaust auf Ihrem Teller".

Fazit: Im Internet bin ich kein Hund. Im Gegenteil, in der anonymen 
Invidualvermassung und Enthemmung bin ich gesellschaftliches Wesen 
mit dringender Reflektionsoption. Wenn die Antispeziesisten, also 
die wahren wahren Tierfreunde den Dualisimus Mensch-Tier ablehnen 
und gegen Menschen zu handeln beginnen, erkennen sie ihre eigene 
menschliche Sonderstellung nicht, die sie zwingt, anders zu sein 
als jedes Wesen ohne Bewusstsein -- auch wenn Gehirnforscher eben 
dieses Menschen nun absprechen und Fleischefresser das wiederum 
als Kraenkung abtun. PETA tut so, als waeren Rechte und Leben 
fuer Menschen durchgesetzt und Gesellschaft frei, das fuer Tiere 
zu tun obwohl nur ein gesamtoekologischer Blick mit einer Kritik 
an der kapitalistischen Produktionsweise die moerderischen 
Verhaeltnisse angehen kann. Radikale Tierliebe fuer den "Frieden 
auf Erden" ist eher eine Ersatzreligion.* Tinkebells Ansatz ist 
da weniger didaktische Aufklaerung als Spiegelung. 

Tinkebell schrieb auf den Ruecken ihre Buches "Looove TINKEBELL.". 
Truegerisch!
_______________
* Hier ist Jutta Ditfurths Buch _Entspannt in die Barbarei: Esoterik, 
(Oeko-)Faschismus und Biozentrismus_ empfehlbar.

Matze Schmidt

Tinkebell und Coralie Vogelaar. _Dearest Tinkebell,_. Amsterdam, 2009. 
ISBN 978 90 89101 29 7

www.tinkebell.com


aus: n0name nachrichten #141 Sa., 27.06.2009 11:04 CET

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