[spectre] Nice and Easy

"Drück, Patricia (453)" Patricia.Drueck at Hannover-Stadt.de
Tue Aug 5 16:29:16 CEST 2003


Sprengel Museum Hannover

Nice and Easy 
Anna Jermolaewa, Chantal Michel, Pipilotti Rist, Lara Schnitger, 
Lily van der Stokker

24. August bis 2. November 2003

+++Eröffnung/Opening: 24. August, 11.15 Uhr/11.15 am+++

+++Einführung/Introduction: Patricia Drück, Kuratorin+++
.
+++Mit einer Performance von/with a performance by Chantal Michel+++

Gleichzeitig wird die Ausstellung "Die Geburt der Nanas. Die Kunst der Niki
de Saint Phalle in den 1960er Jahren" eröffnet./On the same day and for the
same duration opens the exhibition "The Birth of the Nanas. Niki de Saint
Phalle's Works from the 1960s".

Please scroll down for the english version.


"Nice and Easy" stellt - parallel zu der ebenfalls im Sprengel Museum
Hannover gezeigten Niki de Saint Phalle-Ausstellung - fünf zeitgenössische
Positionen von internationalen jungen Künstlerinnen vor. Niki de Saint
Phalle ist mit Frauenfiguren voll selbstbewusster Weiblichkeit, aber auch
durch ihr offensives, von Erotik und Aggressivität bestimmtes Auftreten
bereits in den frühen 1960er Jahren bekannt geworden. Auf vielen Ebenen
verletzte sie die Tabus ihrer Zeit und formulierte, lange 
bevor der Feminismus Allgemeingut wurde, ein Frauenbild, das weibliche
Präsenz und Stärke in den Mittelpunkt rückt.

Der Ausstellungstitel bezieht sich auf eine Arbeit der holländischen
Künstlerin Lily van der Stokker und spielt sowohl auf die ironisch-heiteren
als auch auf die kritisch-offensiven Elemente der gezeigten Werke an. Mit
teilweise speziell für den Ort entstandenen Arbeiten stellt die Ausstellung
zur Diskussion, ob und wie die künstlerische Sprache und Materialwahl sowie
das in den Arbeiten untersuchte und verkörperte Frauenbild der fünf
eingeladenen Künstlerinnen sich auf die in den frühen 1960er Jahren von Niki
de Saint Phalle formulierte Position beziehen. Kennzeichnend für die
ausgewählten Arbeiten ist neben der Reflexion des eigenen Schaffensprozesses
in Relation zu frühen emanzipatorischen Aufbrüchen auch die Thematisierung
der gegenwärtigen, eigenen Lebenswelten. Dabei zeigt sich einmal mehr, dass
die Dekonstruktion überkommener männlicher Weiblichkeitsklischees längst
abgelöst worden ist von differenzierteren Identitätsbefragungen der Rollen-
und Geschlechterbilder, von spielerischen Gegenentwürfen auf die in den
Massenmedien verkörperten Realitäten. Seit den 1990er Jahren lässt sich gar
von einer "postfeministischen" Kunst sprechen, die sich undidaktisch und
humorvoll von einer eher lautstarken aktionistischen Protestkunst der
Vorgängerinnengeneration absetzt.

Die großformatige Wandarbeit von Lily van der Stokker (*1954, lebt in
Amsterdam und New York) lässt mit Blumen, Wolken, Spiralen, Sprechblasen und
Schriftfragmenten einen Formenkosmos entstehen, der sich von jeglichem
Naturalismus entfernt und mit einer rein symbolhaften Wirkung als Dekor
kokettiert. In dieser Eigenschaft mag er an die phantasievolle Bildsprache
von Niki de Saint Phalle erinnern. Indem Lily van der Stokker ihre
Wandarbeit durch die Integration eines Sofas ins Dreidimensionale wachsen
lässt, akzentuiert sie damit den Charakter des Häuslichen und des täglichen
Gebrauchs. Sie unterläuft normative Unterscheidungen zwischen Kunst und
Dekor und hinterfragt gängige Geschlechterrepräsentationen.

Durch extremes Dehnen und Manipulieren des Materials lotet Lara Schnitger
(*1969, lebt in Los Angeles und Amsterdam) die formalen und dynamischen
Qualitäten von Skulptur aus. Aus primär mit "weiblichen" Lebenswelten in
Verbindung gebrachten Materialien wie Stoffe setzen sich ihre
überlebensgroßen Figuren zusammen. Ihre Rauminstallationen verarbeiten aber
auch exotische Eindrücke, die die Künstlerin von ihren Reisen mitnimmt. Ein
wesentliches Kriterium ihrer speziell für die Ausstellung entstandenen
Arbeit ist nicht das Interesse an der weiblichen Figur als Objekt, vielmehr
setzt sich ihre Darstellung aus Momenten zusammen, die aus anderen
Erfahrungswelten wie Comics, Mangas oder Science-Fiction stammen und immer
wieder mit aktuellen Lebensfragen abgeglichen werden.

Chantal Michel (*1968, lebt in Thun) reizt als Protagonistin ihrer
Performance-, Video- und Fotoarbeiten die Möglichkeiten ihrer physischen
Leistungsfähigkeit aus und berührt gesellschaftliche Grenzen und Tabus. Ihre
einem Tableau Vivant gleichenden Perfomances bewegen sich zwischen einer
bürgerlichen, bisweilen klischeehaften Normalität und dem Extrem, der
Grenzüberschreitung. In ihrer jüngsten Fotoarbeit inszeniert sich Chantal
Michel in absurden Stellungen in vorgefundenen häuslichen Interieurs und
treibt durch ihre spielerisch-ironischen Verbindungen mit der sie umgebenden
Dingwelt weibliche Klischees auf die Spitze.

Zentrale Themen der Videoarbeiten von Anna Jermolaewa (*1970, lebt in Wien)
sind die funktionalen Strukturen von Gesellschaft, soziale Beziehungsabläufe
und alltägliche Gewohnheiten, in die wir eingebunden sind. Präsentiert als
endlose Loops, rufen ihre Videos ein ironisches Element des Manipulierten,
des Unablässigen und immer Gleichen hervor. In den formal bestechenden
Arbeiten vermag die Ordnung der Dinge ins Unheimliche, Bedrohliche zu kippen
und Lebensrituale in Frage zu stellen. Banale Situationen zeigen sich
plötzlich sexuell aufgeladen, alltägliche und harmlose Objekte erhalten
unvorhersehbare und komplexe Bedeutungen.

Videos wie "Pickelporno" (1992) von Pipilotti Rist (*1962, lebt in Zürich
und Los Angeles) zeichnen sich ähnlich wie die Arbeiten von Niki de Saint
Phalle durch poetische Verknüpfung von Bildern unbekümmerter Weiblichkeit,
durch subversiven Humor, aber auch starke Aggression aus. Die Popularität
ihrer Arbeiten verdankt sich - über 30 Jahre nach den ersten künstlerischen
Erfolgen von Niki de Saint Phalle - zu nicht unwesentlichen Teilen auch
ihrem offensiven Umgang mit massenkulturellen Phänomenen. Mittels
hypnotisierender Bildsprache zeigt uns Pipilotti Rist ein weibliches Ideal
der Gegenwart, das mit der Vorstellung von Weiblichkeit, Stärke und
Natürlichkeit verbunden ist. 


"Nice and Easy" is an exhibition of the works of five young, internationally
active, contemporary women artists. It has been arranged to coincide with
the exhibition of Niki de Saint Phalle which will open on the same day and
for the same duration. Niki de Saint Phalle was famous for her fantastic,
garishly painted, exaggeratedly female figures. Adopting an aggressively
erotic approach, Niki de Saint Phalle offended against the taboos of her
time and, long before women's lib was thought of, created an image of
feminine presence and strength which was at once playful and critical.

The title for the exhibition, "Nice and Easy", has been taken from one of
the works of the Dutch artist Lily van der Stokker and refers both to the
cheerfully ironic and the critically offensive elements of the works shown
in the exhibition. These works, some of which have been specially produced
for the exhibition, invite us to reflect on the question of whether and what
extent the approach of these five exhibiting artists and the female image as
interpreted and conveyed by their works have been influenced by the attitude
already developed by Niki de Saint Phalle in the early 1960s. The basic
tenor of the works selected for the exhibition is twofold: firstly, it is a
reflection on the artists' own creativity in relation to the early
emancipatory awakenings of the 1960s; secondly, it is an exploration of the
artists' own personal world. What these works show, among other things, is
that the deconstruction of the conventional stereotype of the woman has
meanwhile been replaced by a more subtly nuanced investigation of gender
roles and identities, by more playful alternatives to the repressive
tolerance of the mass media. Indeed, since the 1990s, we can even speak of a
"post-feminist" art. Whilst it still calls patriarchal notions into
question, it is an art which clearly dissociates itself from the vociferous,
actionistic protest art of preceding generations. 

The large-format mural of Lily van der Stokker (*1954, lives in Amsterdam
and New York) is a veritable cosmos of flowers, clouds, spirals,
cartoon-style speech balloons, textual fragments, all seemingly divorced
from reality for the sake of purely symbolic and decorative effect. Viewed
thus, this mural cannot but remind us of the imaginative imagery of Niki de
Saint Phalle. And when Lily van der Stokker adds a sofa to her mural,
accentuating its domestic, commonplace character, she does so not without
the strategic intention of calling into question the normative distinction
between art and decoration and accepted notions of gender.
.
With extremely extension and distortion of the material Lara Schnitger
(*1969, lives in Los Angeles and Amsterdam) analyses formal and dynamic
qualities of sculpture. The figurative manner of her sculptures must be
sought rather in her use of those materials that awaken associations with
the female world, like the use of fabric. Charged with these associations,
her installations, which playfully experiment with a completely new notion
of sculpture, also incorporate the exotic impressions which she brings back
with her from her travels. It is not the physical dimension of the female
figure as a representable object which interests the artist but, rather, its
mental dimension, whereby she blends representations of reality with
elements from other worlds of experience like comics, manga or science
fiction, forever balancing them against issues of everyday life.

As the protagonist of her performances, video installations and photographic
works, Chantal Michel (*1968, lives in Thun) pushes herself to the very
limits of her physical strength, going beyond the bounds of social
convention and offending against social taboos. She operates with extremes
in the true sense of the word: bourgeois, often stereotyped normality at one
end of the scale and the very opposite at the other: extremeness,
exaggeration, excessiveness. Her performances and stagings are like a
tableau vivant, taking place in different settings. In her latest
photographic work she is depicting herself in absurd poses as part of trashy
domestic environments to go beyond female stereotypes.

The central themes of the video works of Anna Jermolaewa (*1970, lives in
Vienna) are the functional structures of society, the social relationship
patterns and forces of habit that govern our everyday lives. Presented as an
endless loop, the videos evoke an ironic element of manipulation, caused by
the impression of permanent replay. Anna Jermolaewa's impressively staged
videos make the commonplace suddenly seem eerie, the innocuous offensive and
depressing. Commonplace situations seem suddenly being sexualized and
everyday objects and situations generate unforeseen complex and multiple
meanings.

Like the works of Niki de Saint Phalle, the video works of Pipilotti Rist
(*1962, lives in Zurich and Los Angeles) as for example "Pimple Porno"
(1992) are distinguished by their synthesis of poetical images of carefree
femininity, subversive humour and extreme aggressiveness. Over 30 years
after Niki de Saint Phalle's first artistic achievements, Pipilotti Rist
owes the enormous popularity of her works largely to her carefree and
offensive treatment of mass-cultural phenomena. Through a hypnotizing
language the artist shows us a female ideal of present times which has been
closely bound up with the notion of femininity, strength and naturalness.


Die Ausstellung wurde unterstützt von der Mondriaan Stichting/The exhibition
was supported by Mondriaan Stichting.

Sprengel Museum Hannover
Kurt-Schwitters-Platz
30169 Hannover
T +49-511.168 438 75
F +49-511.168 450 93
www.sprengel-museum.de
sprengel-museum at hannover-stadt.de

Kuratorin/curator: Patricia Drück

Öffnungszeiten/opening times:
Dienstag 10-20 Uhr, Mittwoch bis Sonntag 10-18 Uhr, Montag geschlossen.
Tuesday 10 am - 8 pm; Wednesday - Sunday 10 am-6 pm, closed on Mondays.




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