[rohrpost] 8. ONE WORLD BERLIN Filmfestival für Menschenrechte und Medien
Natalie Gravenor
gravenor at eyzmedia.de
Mon Nov 21 01:24:08 CET 2011
2011 findet zum achten Mal das ONE WORLD BERLIN Filmfestival für
Menschenrechte und Medien statt. Im Kino Arsenal, ACUD und in der
Tschechischen Botschaft sind vom 24.11. bis 30.11. 21 Programme zu
sehen. Regisseure, Menschenrechts-Experten und andere Gäste begleiten
das Programm mit Diskussionen und Gesprächen.
Was bedeuten überhaupt heutzutage noch *Menschen*rechte in Zeiten, in
denen Kriege von ferngesteuerten Kampfrobotern geführt werden, komplexe
Persönlichkeiten zu Social Network Profilen desitilliert werden und
überhaupt das Menschsein einem Bedeutungswandel unterliegt?
*Programm im Kino Arsenal*
EXAMINED LIFE von Astra Taylor, der das Festival am 24.11. eröffnet,
zeigt acht zeitgenössische Philosophinnen und Philosophen "bei der
Arbeit" - Cornel West, Avital Ronell, Peter Singer, Kwame Anthony
Appiah, Martha Nussbaum, Michael Hardt, Slavoj Žižek und Judith Butler
reflektieren, analysieren, formulieren an für sie prägnanten Orte in New
York. Taylor hat einen "Walking Heads" Film gemacht, der gleichzeitig
viele für die Menschenrechtsarbeit wichtige Diskurse vorstellt.
WATCHED OVER BY MACHINES OF LOVING GRACE, der neueste Archiv-Essay-Film
von Adam Curtis, spannt einen weiten historischen Bogen -- von den
Vordenkern des Neoliberalismus wie Ayn Rand bis zu verheerenden
Auswirkungen der brutalen Kolonialpolitik im Kongo. Curtis untersucht
die Rolle staatlicher und großwirtschaftlicher Kontrolle -- und
inwieweit beide Instanzen miteinander verpflochten sind. (26.11.)
Ein Hohelied auf den Kontrollverlust singen Jesper Huor und Bosse
Lindquist in**WIKIREBELS Der Film über die aufklärerische Rolle der
Internet-Whistleblower WikiLeaks machte Furore, als er kurz nach
WikiLeaks-Führer Julian Assanges Verhaftung vor einem Jahr
veröffentlicht wurde, bleibt aber noch heute aktuell. (24.11.)
Die brisantesten der Enthüllungen von WikiLeaks betreffen die
Militäroperationen der westlichen Streitkräfte in Vorderasien. Zwei
Beiträge, MUSIK ALS WAFFE von und REMOTE CONTROL WAR, zeigen hoch
unkonventionelle Waffen, die in den jüngsten Kriegen zum Einsatz kamen.
Selbst Kinderlieder aus der Sesamstrassse können bei lautstarker und
unablässiger Beschallung zu Folterinstrumenten werden. Und es fehlt
nicht viel, bis effektive ferngesteuerte Kampfmaschinen mit Bauteilen
von Elektronikmarkt angefertigt werden können. (Beide 29.11.)
Ein panoramisches Bild vom Leben nach dem Sturz Saddam Husseins und
unter US-Besatzung zeichnet der irakische Regisseur Kasim Abid in LIFE
AFTER THE FALL. Davor sind im Programm HUMAN RIGHTS MATTERS Kurzfilme zu
sehen, die unter Abids Anleitung in der Baghdad Film School entstanden
sind. Das Projekt widmet sich der Ausbildung von irakischen
Nachwuchsfilmemachern. (Beide 26.11.)
Arabischer Frühling -- amerikanischer Herbst. Die Begeisterung für eine
Protestbewegung, die einen Vorstoss in die Hölle des Löwen wagt -- den
symbolischen und de facto Sitz des internationalen Finanzwesens auf der
Wall Street in New York -- war die Inspiration für OCCUPY WALL STREET.
Aus Aktualitätsgründen wird das endgültige Programm erst kurz vor
Veranstaltungstermin feststehen. (25.11.)
IN FREE FALL, Hito Steyerls jüngstes Werk, bezieht sich ebenfalls auf
die Krise.(30.11., mit NOVEMBER).
Ein weitere Würdigung aktueller Entwicklungen ist die Vorführung von
Michael Madsens preisgekrönten Film INTO ETERNITY, der sich mit
Kernkraft auseinandersetzt. (28.11.)
In GRANITO greift Regisseurin Pamela Yates den Massenmord an über 20.000
Mayas in während des Bürgerkrieges Anfang der 80er Jahre in Guatemala
auf. Die Verbrechen und die Straflosigkeit der beteiligten Mitglieder
der guatemalischen Armee waren bereits Sujet von Yates 1982er Film When
The Mountains Tremble, deren Aufnahmen 25 Jahre später als
Beweismaterial im Prozeß vor dem ICC dienten. Zu diesem Anlass kommen
Yates und die Aktivisten von damals wieder zusammen...(27.11.)
MEANDROS von Manuel Ruiz Montealegre und Hector Ulloque Franco zeigt die
Region um den kolumbianischen Fluß Guaviare alsSchauplatz blutiger
Auseinandersetzungen zwischen Paramilitärs, Guerilla,
Regierungsstreitkräften und Drogenmafia. An seinen Ufern zeigt sich ein
undurchsichtiges Mosaik aus Drogenkrieg und ethnischen Gegensätzen.
Einst vertrieben die Siedler die indigene Bevölkerung, heute sie sind
selbst auf der Flucht vor Mafia und Milizen. (27.11.)
MISSIONARIES OF HATE von Mariana von Zeller untersucht die Rolle von
evangelikalen Christen aus den USA bei dem Entwurf eines Gesetzes in
Uganda, das Homosexualität unter Todesstrafe stellt. Viele afrikanische
Gesellschaften sehen gleichgeschlechtliche Lebensweisen als dekadente
Importe aus dem Westen, aber sie als Kapitalverbrechen zu ahnden
erscheint vielen sehr extrem, bis auf einige Prediger mit großen
Anhängerschaften und ideelle Unterstützung aus USA. (25.11.)
Als Sondervorführung zeigen wir WHITE CHARITY von Timo Kiesel. Die
kürzlich fertiggestellte Dokumentation analysiert die Plakatwerbung von
Hilfsorganisationen und deren Darstellungsmuster, die die Menschen, für
gespendet werden sollen, teilweise diskriminiert.(27.11.)
Es feiern zwei europäische Filmklassifikationsbehörden 100Jähriges. Die
schwedische Filmzensur hat pünktlich zum dreistelligen Geburtstag die
Arbeit eingestellt. CENSUR -- EN THRILLER von Peter Normark dokumentiert
die Behörde im Wandel der Zeiten und Tabus. Die British Film
Classification Board dagegen ist noch aktiv. Matt Pellys DEAR CENSOR
porträtiert die bisher fünf amtierenden britischen Oberzensoren. (28.11.)
In der Black Box des Arsenals ist für die Dauer des Festivals das
50stündige Werk THE MAGIC BULLET von Markus Öhrn zu sehen. Öhrn hat alle
darin alle Filmszenen, die je auf Anweisung von der schwedischen
Zensurbehörde herausgeschnitten werden mußten, zusammengetragen. In
diesem Archiv der anderen Art begegnen sich Softcorepornos,
Splatterfilme, Filmkunst - und Burt Reynolds und Liza Minnelli. (Mit
freundlicher Unterstützung der Schwedischen Botschaft).
*AlimenTerre @ One World Berlin im KINO ACUD*
Das Thema Ernährung ist aktuell in aller Munde. Doch
Nahrungsmittelproduktion ist auf Landflächen angewiesen. Die Landfrage
jedoch ist weniger in aller Munde, dabei nutzen wir für die Produktion
von unseren Nahrungsmitteln Land und weitere Ressourcen in Ländern des
globalen Südens. Der Filmblock *AlimenTerre: Ernährung & Land im
globalen Filmblick *auf dem diesjährigen Berliner One World Filmfestival
möchte globale Zusammenhänge mit filmischen Mitteln sowie Gesprächen und
Diskussionen mit Gästen sichtbar machen und verdeutlichen. Fraglos ist
schon jetzt: Am System der Nahrungsmittelproduktion und des Umgangs mit
Nahrungsmitteln muss sich etwas ändern. Hier wollen wir über die
Veranstaltungen Handlungsoptionen aufzeigen, die vor Ort, in der Region
oder im eigenen Land liegen. Eingerahmt sind die Inhalte in die Thematik
der internationalen Menschenrechte, denn Entrechtung von Menschen in
Ländern des globalen Südens findet dort statt, wo ihnen eigene
Entwicklungschancen genommen werden -- sei es beispielhaft durch die
Vertreibung von Land, das sie als Kleinbauern und -bäuerinnen nutzen, um
sich ihre Ernährungsgrundlage zu sichern.
Filme (Vorführungen immer jeweils 19:00)
11.
PLANET ZU VERKAUFEN
Regie: Alexis Marant, Frankreich, 2011, deutschsprachige Version
Ackerland in Investorenhand -- das ist das momentane Motto in Ländern
des globalen Südens. Staaten, multinationale Firmen, Investmentsfonds
suchen massiv Zugriff auf landwirtschafliche Flächen. Die
Lebensgrundlagen und Rechte von Kleinbauern und -bäuerinnen bleiben auf
der Strecke.
11.
LoveMEATender
Regie: Manu Coeman, Belgien, 2011, OmdU
LoveMEATender hinterfragt den Platz, den der Konsum von Fleisch in
unserem Leben hat. Immer mehr, immer billiger soll es ein. Für die
Produktion werden Ressourcen wie Land und Wasser weit jenseits des
Lebensalltags der KonsumentInnen verbraucht. Tiere werden vor allem in
der industriellen Massentierhaltung zu Objekten degradiert.
11.
TASTE THE WASTE
Regie: Valentin Thurn, D, 2011, OmdU
Deutsche Haushalte werfen jährlich Lebensmittel für 20 Milliarden Euro
weg - so viel wie der Jahresumsatz von Aldi in Deutschland. Das Essen
das wir in Europa wegwerfen, würde zwei Mal reichen, um alle Hungernden
der Welt zu ernähren. 'Stoppt diesen Wahnsinnn!' ist die Botschaft von
TASTE THE WASTE. Der Film fordert ein weltweites Umdenken und zeigt
Ansätze wider den Irrsinn.
11.
THE REAL DIRT ABOUT FARMER JOHN
Regie: Taggart Siegel, USA, 2005, OmdU
Es ist die epische Geschichte eines US-Farmers im Mittleren Westen der
USA, die in den 1950er Jahren beginnt. John Peterson wächst mit der
Landwirtschaft auf, übernimmt die Farm der Eltern, macht Höhen und
Tiefen mit, gibt auf, fängt neu wieder an. Sein Weg führt ihn
letztendlich zur solidarischen Landwirtschaft.
11.
RAISING RESISTANCE
Regie: Bettina Borgfeld, David Bernet , 2011, OmdU
Paraguay ist eine Sojarepublik. Das Soja bringt für das Land viele
Devisen. Die gentechnisch manipulierten Saaten sollen Erträge steigern
und Ernährunsgssicherheit für die Welt leisten.
SONDERVORFÜHRUNG: NEUER TSCHECHISCHER DOKUMENTARFILM
Ženy SHR / Coal in the soul
CZ 2010, 57 min., OmeU
Regie: Martin Dušek, Ondr(ej Provazník
Mittwoch, 30.11., 19.00 Uhr
Botschaft der Tschechischen Republik, Wilhelmstraße 44, 10117 Berlin
Eintritt frei, um Anmeldung bis 28.11. wird gebeten: Tel. 226 38 0 oder
veranstaltungen_berlin at embassy.mzv.cz
Coal in the Soul ist das einfühlsame und zugleich ironische Porträt
zweier Frauen, deren ganzes Leben vom Braunkohle-Tagebau in Nordböhmen
geprägt ist. Die Frauen wohnen im gleichen Ort, kennen einander und sind
sich in ihrer absoluten Entschlossenheit ziemlich ähnlich. Früher
verkehrten sie auch miteinander, aber heute stehen sie auf verschiedenen
Seiten der Barrikade. Hana ist überzeugte Umweltaktivistin und immer die
Erste, wenn die Bewohner des Ortes für die Erhaltung der ursprünglichen
Landschaft und der Kulturdenkmäler streiten. Libe(na ist Sprecherin der
Firma Czech Coal und verteidigt den Tagebau bei jeder Gelegenheit. Das
riesige Loch, das sich immer weiter in die Landschaft frisst, erscheint
ihr als ein Ort voller Schönheit. Für ihren Job nimmt sie auch stetigen
Streit mit den eigenen Kindern in Kauf, die die Sichtweise der Mutter
nicht teilen.
Coal in the Soulwurde 2010 auf dem Internationalen Dokumentarfilmfest
Jihlava zur besten tschechischen Dokumentation gekürt und war auf den
Festivals One World in Prag und auf dem Filmfestival Karlovy Vary zu sehen.
Im Abschluss an den Film laden die Veranstalter zu einem Gespräch mit
den Regisseure Martin Dušek und Ondr(ej Provazník, die Botschaft der
Tschechischen Republik bittet zu einem Glas Wein.
Teile des Programmes von One World Berlin können auch im Internet
verfolgt werden. Auf www.realeyz.tv**können ausgewählte Filme
vergangener Jahrgänge und auch des aktuellen Festivals (nach der
Kinopremiere) als Stream angeschaut werden. Auch
Diskussionsveranstaltungen werden online abrufbar sein.
--
EYZ Media GmbH
Natalie Gravenor
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