[rohrpost] reSource for transmedial culture - Einladung zur Zusammenarbeit

Tatiana Bazzichelli tbazz at transmediale.de
Mit Nov 2 11:48:55 CET 2011


reSource for transmedial culture
Statement of Interest & Einladung zur Zusammenarbeit

reSource ist eine Initiative des transmediale - Festival für digitale 
Kunst und Kultur Berlin, in deren Rahmen in Zusammenarbeit mit CTM/DISK 
GbR und dem Kunstraum Kreuzberg/Bethanien nach neuen Partnern für das 
Jahr 2012 gesucht wird.


## reSource – Eine neue Initiative des transmediale Festivals

reSource for transmedial culture ist ein neues Konzept für verschiedene 
über das Jahr hinweg stattfindende Projekte in Berlin, die in direktem 
Bezug zum transmediale Festival stehen. Es stellt eine Initiative dar, 
deren fortlaufende Aktivitäten und Events eine maßgebliche 
Programmpräsenz an den jährlichen Festivals annehmen soll. Ziel von 
reSource ist es, als vermittelndes Glied zwischen Kulturproduktion im 
Rahmen von Kunstfestivals und gemeinschaftlichen Netzwerken im Bereich 
von Kunst, Technologie, Hacktivism und Politik zu agieren, indem es 
unter seiner Schirmherrschaft die Zusammenarbeit und das Teilen von 
Ressourcen und Wissen innerhalb der lokalen und internationalen 
Community aus Kunst und digitaler Kultur sowie dem transmediale Festival 
Berlin erleichtern soll.

Dieses Statement of Interest richtet sich vor allem an lokale und 
internationale Künstler, Kulturschaffende, Hacker, Aktivisten und 
Gender-orientierte Communities innerhalb und außerhalb Berlins sowie aus 
dem weiteren Feld regionaler und internationaler Netzkultur, um in 
Zusammenarbeit durch Untersuchungen, Experimente und Reflektionen neue 
Erfahrungen zu sammeln. Indem eine Reihe von Fragestellungen aufgeworfen 
werden, die die lokale und überregionale Gemeinschaft im Bereich 
digitaler Kulturproduktion (und darüber hinaus) betreffen, soll das Ziel 
verfolgt werden, den gegenseitigen Austausch von Methodologien und 
Wissen zu fördern, projektbezogene Erfahrungen zu sammeln, auf neuen 
Wegen das kulturell interessierte Publikum anzusprechen sowie eine 
Meta-Reflektion hinsichtlich möglicher Strategien der Zusammenarbeit 
anzuregen.
reSource wird während der transmediale 2012 durch verschiedener 
Projekte, die über den Zeitraum des Festivals in Form von Workshops, 
Talks und Performances Ausdruck finden, vorgestellt und eingeläutet werden.

Durch die Zukunftsausrichtung einerseits, und durch die Bedeutung des 
Festivals als zugängliche und dynamische Plattform für die überregionale 
Kunstszene, interdisziplinär arbeitende Kulturschaffende und Forscher 
andererseits, wird reSource for transmedial culture einen wichtigen Teil 
des 25-jährigen Jubiläums der transmediale darstellen.
Der Einführung von reSource im Rahmen des Festivals wird ein 
Beta-reSource Projekt vorausgehen, das in Zusammenarbeit mit den 
Partnern des Digital Aesthetics Research Center (DARC) der Aarhus 
Universität sowie dem Vilém Flusser Archiv organisiert wird und vom 
16.-18. November in der Universität der Künste in Berlin stattfinden wird.
Im Anschluss an die transmediale 2012 wird reSource seine Aktivität vor 
allem in Zusammenarbeit mit zwei Partnern fortführen und ausweiten: mit 
CTM/DISK GbR in Form einer Serie verschiedener Events im Frühjahr 2012, 
sowie mit dem Kunstraum Kreuzberg/Bethanien in Form eines öffentlichen 
Events im August 2012, in dessen Rahmen die Ergebnisse der ersten Phase 
der Kollaborationen im Kontext von reSource for transmedial culture 
präsentiert werden.

Dieses Statement of Interest ist gedacht als Einladung für 
Kollaborations- und Partnerprojekte im Jahr 2012 und darüber hinaus, mit 
Ausrichtung auf die Schaffung einer Plattform und vor dem Hintergrund 
des transmediale Festivals als einem Peer-Produktions-Kontext für Wissen 
und Recherche.

## reSource – ein sich über das Jahr erstreckendes Projekt

Wenn eine Quelle („source“) ein Anfang, ein Ursprung einer Sache ist, so 
soll reSource in diesem Kontext einen Ausgangspunkt für die Schaffung 
eines verteilten Austauschprozesses und eines gemeinschaftlich 
ausführbaren (Kunst-)Programms darstellen. Ziel von reSource for 
transmedial culture ist es, sich als ein über das Jahr erstreckendes 
Programm zu etablieren und sich entscheidend in die jährlichen Festivals 
einzubringen. Damit beinhaltet dieses Format sowohl ausführbare Dateien 
als auch seinen Quellcode. Anhand des Quellcodes kann ein Programm 
modifiziert oder seine Funktionsweise verstanden werden. Auf reSource 
bezogen kann dieser Gedanke so verstanden werden, dass diese Initiative 
zum Ziel hat, eine Netzwerk-Plattform zu schaffen sowie eine 
Meta-Reflektion zu entwickeln hinsichtlich der Bedeutung und der 
Handhabung von Netz-Kunst, Hacking und Kunstproduktion in Kollektiven im 
Kontext internationaler Kunstfestivals.

Ausgehend von der Annahme, dass die zunehmende Kommerzialisierung des 
Kontextes von Austausch und Networking derzeit die Bedeutung von Kunst 
und Partizipation verändert, stellen sich folgende Fragen:
Was sollte die Antwort von Künstlern, Aktivisten und Hackern auf die 
kritische Auseinandersetzung mit Networking sein? Und wenn Hacker, 
Künstler und Kulturschaffende im Kontext einer tiefgreifenden 
kulturellen Transformation der Bedeutung von Partizipation arbeiten und 
oftmals heikle kulturelle und ökonomische Strukturen reflektieren, 
welcher Art ist dann die Verantwortung und Rolle von Kulturinstitutionen 
im Bereich von Kunst und digitalen Technologien hinsichtlich einer 
kritischen Auseinandersetzung mit kultureller Produktion?

In Berlin werden die Praktiken im Bereich von Hacking, Aktivismus und 
Kunst häufig außerhalb der Gefilde von Kunstinstitutionen realisiert. 
Manche dieser Vorgehensweisen tragen dabei zur wirtschaftlichen und 
kulturellen Veränderung und Bereicherung der Stadt bei, werden aber auch 
leichtes Zielobjekt für marktwirtschaftliche Ausbeutung. Dies ist aber 
nicht nur ein lokales Phänomen: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt, während die 
Finanzmärkte speziell die Entwicklung der Kulturproduktion, aber auch 
generell unser tägliches Leben tiefgreifend beeinflussen, werden 
Flexibilität, direkte Teilnahme und allgemeines Engagement zu einer um 
sich greifenden ökonomischen Handlungsstrategie. Die zunehmende 
Einbeziehung der User in den Produktionsprozess schafft sowohl neue 
Möglichkeiten der Interaktion unter Gleichgestellten als auch solche 
hierarchischer Kontrolle.

Die Analyse der Netzstruktur und der Effekte künstlerischer und 
hacktivistischer Vorgehensweisen in dezentralisierten sozialen 
Netzwerken setzt eine Betrachtung von Machtstrukturen, Geschäftsmethoden 
sowie dem Zusammenhang von Kunst und Wirtschaft voraus. Das Phänomen der 
sozialen Medien und Netzwerke ruft Gegensätze und Zweideutigkeiten 
hervor. Das Thema des sozialen Netzwerkens befindet sich in ständigem 
Wandel und erfordert eine theoretische und empirische Auseinandersetzung 
sowohl von Forschern als auch Künstlern, Theoretikern wie Praktikern, 
bevor es völlig verstanden werden kann. Es ist notwendig geworden, die 
sich gegenüberstehenden Konzepte wie Innovation und Disruptivität, 
Kooptierung und Opposition als wechselseitige Rückkopplungsschleife und 
in beide Richtungen wirkende Disruptivität neu zu überdenken.

## reSource – ein Laboratorium gemeinsamen Wissens

Ziel von reSource for transmedial culture ist es, ein Laboratorium 
gemeinsamen Wissens sowie ein Projekt für lokale und überregional 
verteilte Netzwerke innerhalb der transmediale zu erschaffen, in welchem 
Berliner und nicht-Berliner Künstler, Hacker, Aktivisten, Forscher und 
Kulturschaffende in organisierte Events, Workshops und Talks involviert 
werden sollen. reSource zielt damit vor allem darauf ab Gemeinschaften 
mit einzubeziehen, die sich nicht nur direkt mit Netzwerk-Technologien, 
sondern auch kritisch mit dezentralisierten und verteilten Strategien 
des Netzwerkens und anti-hegemonialen Praktiken auseinandersetzen – von 
Hackern und Aktivisten über Feministen-, Queer-, Transsexuellen- und 
Porn-Communities.

Im Rahmenkonzept von reSource legt dieses Statement of Interest damit 
folgende Zielvorgaben fest:
- Das Neuüberdenken der Konzepte des (sozialen) Networkings, 
kollaborativer Praktiken, Innovation und Partizipation durch die 
Schaffung einer Netzwerk-Plattform welche die Grassroots-Communities von 
Hackern, Künstlern, Performern, Aktivisten, Kuratoren und 
Kulturschaffenden involviert;
- Die Anwendung des Konzepts disruptiver Innovation auf den Bereich der 
Kunst, um in Zusammenarbeit mit lokalen und überregionalen Communities 
innerhalb und außerhalb Berlins eine kritische Perspektive auf die 
„Network Economy“ zu werfen und durch die Demontage der Strategien und 
Mechanismen des Marktes den Versuch zu unternehmen, dessen 
Funktionsweise zu verstehen;
- Das Erzeugen disruptiver Modalitäten der Kunstproduktion nach dem 
Aufkommen sozialer Medien durch die Reflexion disruptiver, 
dezentralisierter und sozial engagierter Kontexte der Partizipation und 
Innovation;
- Die Analyse des Konzepts der transmedialen Kultur durch die 
Untersuchung kreativer Herangehensweisen im Bereich digitaler und 
analoger Medien einerseits und durch die Betrachtung der 
Überschneidungen von Kulturproduktion, Networking und disruptiver 
Kunstpraktiken andererseits;
- Die Reflexion von Strategien von Netz-Kunst und Hacktivism durch die 
Entwicklung einer empirischen Methodologie basierend auf gegenseitigem 
Austausch zwischen den Mitgliedern der (Post-)Medienkunst-Szene, 
Kulturschaffenden und Forschern im Bereich der Geisteswissenschaften.

Die Analyse dieser Themen setzt notwendigerweise die Anwendung von 
Methodologien des gemeinsamen Austausches voraus, mittels derer 
Künstler, Hacker, Aktivisten und Forscher zusammenkommen, um einem 
praxisorientierten Kontext der Reflexion Form zu geben und um durch 
einen interdisziplinären, verteilten und vielstimmigen Ansatz ein 
Feedback sowohl in Richtung der Theorie als auch der Praxis zu geben. 
Vorgehensweisen von Künstlern und Hackern sind demzufolge sowohl als 
Quelle für die Produktion kultureller Innovation als auch als eine 
strategische Herausforderung für die Erzeugung einer Medien-Kritik im 
Allgemeinen sowie einer Meta-Reflexion hinsichtlich künstlerischer 
Produktion im Rahmen digitaler Kultur und Netzwerk-Wirtschaft im 
Speziellen gedacht.

Dieses Statement of Interest soll einen ersten Input und Ausgangspunkt 
für weitergehende Kollaborationen zur Analyse und Produktion disruptiver 
Praktiken von Hackern und Künstlern im Rahmen des sozialen Netzwerkens 
darstellen, aber auch einen Ansatz für den Beginn einer 
gemeinschaftlichen Erforschung der Praxis des Netzwerkens als Strategie 
in der Kunst und als angewandte Forschungsmethode.

Kontakte:

Tatiana Bazzichelli: tbazz at transmediale.de
reSource – Leitung und Konzept-Entwicklung

Daniela Silvestrin: ds at transmediale.de
reSource – Programm-Assistenz


-- 
Tatiana Bazzichelli // reSource concept and programme developer
in/compatible // transmediale 2012, 31 Jan - 5 Feb 2012 // 
http://www.transmediale.de

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