[rohrpost] EMBEDDED ART Filmreihe im Zeughauskino: 17. und 18.03.
Moritz von Rappard
rappard at blinx.de
Mon Mar 16 10:24:22 CET 2009
EMBEDDED ART
Kunst im Namen der Sicherheit
Filmreihe im Zeughauskino
im Rahmen der gleichnamigen Ausstellung in der Akademie der Künste am Pariser Platz
Kuratiert von Florian Wüst
Das Thema Sicherheit betrifft längst nicht mehr nur den Schutz vor natürlichen Gefahren, Unfällen oder militärischen Angriffen, sondern ist zu einem Lebenstil, zu einer Wachstumsbranche geworden. Kommerzielle Sicherheitsdienste und staatliche Exekutivorgane profitieren von einer gesellschaftlichen Situation, in der sich die vorrangig nukleare Bedrohung des Kalten Krieges hin zur Angst vor terroristischen Anschlägen verschoben hat. Deren Unkalkulierbarkeit wird mit neuen Überwachungstechnologien und der schrittweisen Beschränkung von Bürgerrechten und Privatsphäre begegnet. Doch ebenso wie Sicherheit und Kontrolle einen zentralen Gegenstand nationaler und internationaler Politik bilden, lassen sie sich als Grundformeln der Moderne begreifen: das Leben zu standardisieren, planbar, effizient, frei und sicher zu machen. Die die gleichnamige Ausstellung in der Akademie der Künste am Pariser Platz begleitende Filmreihe kombiniert genreübergreifende Kurz-, Dokumentar- und Spielfilme, um auf diese Weise die aktuelle Brisanz der Debatte um Innere Sicherheit, Angst und Terror, Protestkultur und Ausgrenzung historisch zu kontextualisieren und Fragen nach den psychologischen wie sozialen Implikationen zu stellen.
Programm 5/6
Dienstag 17.03.
20.00
"World Trade Center", Korpys/Löffler, D, 1997, 7'
"Chic Point", Sharif Waked, IL, 2003, 7'
"Sa Nule", Marjoleine Boonstra, NL, 1996, 9'
"Limes - Aktion Limes", Erwin Wagenhofer, A, 2002, 27'
"Tongues of Vipers", John Orentlicher, CA, 2002, 6'30''
"Bollhagen", Markus Bertuch, D, 2008, 9'
"All Right", Aleesa Cohene, CA, 2003, 7'
Eine Gruppe junger Leute in einer brachen Landschaft. Sie bauen ein Camp, üben Sitzblockaden, das Bilden einer Menschenkette, die Festnahme durch die Polizei. Herausgelöst aus der lauten Umgebung der Straße untersucht Markus Bertuchs Video Bollhagen die Mechanismen und Choreografien innerhalb des sozialen Aktionsfeldes der Anti-Globalisierungsbewegung. Eine ähnliche Form der Inszenierung liegt Chic Point von Sharif Waked zugrunde: palästinensische Männer führen Modeentwürfe vor, die auf die Kontrollpraktiken und Leibesvisitationen an israelischen Checkpoints abgestimmt sind. Um die Auswirkungen einer vielfach geteilten Welt auf Körper und Sprache dreht sich diese internationale Auswahl zeitgenössischer, künstlerischer wie dokumentarischer Videos. Der Fokus liegt einerseits auf dem historischen Moment des 11. September 2001, dessen unterschwellige Erahnung in World Trade Center sowie die seitherige mediale Zuspitzung religiöser Fundamentalismen, aufgezeigt in Tongues of Vipers. Andererseits zeigt das Programm die alltägliche Wirklichkeit von Grenz- und Immigrationspolitiken. Aleesa Cohenes Found-Footage-Collage setzt Kanadas restriktive Einwanderungspraxis im Beziehung zu kollektiven Angstvorstellungen, Limes - Aktion Limes begleitet österreichische Grenzsoldaten an der seinerzeitigen EU-Außengrenze zu Ungarn. Marjoleine Boonstra konfrontiert schließlich den Betrachter mit den Lebensbedinungen in einem Flüchtlingslager in Ex-Jugoslawien und den gebrochenen Identitäten der dort untergebrachten Menschen, die von der Filmemacherin gefragt werden, ihr eigenes Spiegelbild zu kommentieren.
Einführung: Florian Wüst
Programm 6/6
Mittwoch 18.03.
21.00
"Punishment Park", Peter Watkins, USA, 1971, 89'
Im Hinblick auf das Verhältnis von Dokumentation und Fiktion, Vergangenheit und Gegenwart ist Peter Watkins einer der wichtigsten und dennoch selten gezeigten Filmemacher der letzten 40 Jahre. Nachdem Watkins mit der BBC-Produktion The War Game (1967) einen Skandal ausgelöst hatte, verließ er England und arbeitete fortan in Skandinavien, Frankreich oder den USA. Kurz nach dem Kent-State-Massaker im Mai 1970 und zu einem Zeitpunkt, als der Vietnamkrieg eskalierte, drehte Watkins mit Punishment Park eine pseudo-dokumentarische Allegorie auf die repressive Politik Richard Nixons. Der Film entwirft ein einfaches und doch schockierend glaubhaftes Szenario: Im Klima des Protests gegen die amerikanische Politik in Südostasien werden Hunderte von Menschen arrestiert und in Schnellgerichten wegen der Anstachelung politischer Unruhen verurteilt. Sie haben die Wahl zwischen langen Gefängnisstrafen oder drei Tagen im so genannten Punishment Park, einem unwegsamen Streifen kalifornischer Wüste. Dort werden die Gefangenen freigesetzt und gezwungen, eine viele Meilen entfernte amerikanische Flagge zu Fuß zu erreichen. Wem das nicht gelingt, wandert ins Gefängnis. Allerdings gibt es mehr Hindernisse als die unwirtlichen klimatischen Bedingungen: Punishment Park wird als Trainingsgelände für Polizeioffiziere genutzt, deren Aufgabe darin besteht, den Flüchtenden nachzusetzen und sie gegebenenfalls zu erschießen.
Einführung: Florian Wüst
Zeughauskino
Deutsches Historisches Museum
(Zeughausgebäude Eingang Spreeufer)
Unter den Linden 2
10117 Berlin
030-20304-770
http://www.zeughauskino.de
EMBEDDED ART
Kunst im Namen der Sicherheit
Ausstellung der Akademie der Künste und der Künstlergruppe BBM
24. Januar bis 22. März 2009, Di bis So 11-20 Uhr
Immer freitags im Clubraum "Bar zur Inneren Sicherheit"
Künstlergespräche / Vorträge / Filmvorführungen
Zur Ausstellung erscheint ein englischsprachiger Katalog im Verlag argobooks.
Akademie der Künste, Pariser Platz 4, Berlin-Mitte, Tel. 030.20057-1000
http://www.adk.de/embedded_art
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