[rohrpost] kunstradio.at: SearchSongs

Johannes Auer auer at kunsttot.de
Son Apr 6 12:45:55 CEST 2008


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Sonntag, 13.  April 2008, 23:05. - 23:45, Ö1 Kunstradio
http://www.kunstradio.at/2008A/13_04_08.html

SEARCHSONGS - Sehnsuchtsmelodien des Netzes
ein Projekt von Johannes Auer, Beat Suter, René Bauer

Webinterface zum Mitschreiben/Mitmusizieren waehrend der Live-Sendung
http://searchsongs.cyberfiction.ch

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Suchmaschinen sind das populaerste Werkzeug des Internets. Mit
tausenden von Woertern wird in jeder Sekunde nach Antworten gesucht.
Die SearchSongs greifen auf den Wortstrom der Livesuche von Lycos zu.
Dieser Wortstrom kann als Ausdruck des kollektiven Begehrens, als die
Sehnsuchtsmelodie des Netzes begriffen werden, gespielt von den zig
Tausenden, die in jedem Augenblick via Suchmaschine versuchen, an das
Begehrte zu gelangen. Diese Sehnsuchtsmelodie wird hoerbar gemacht
durch die SearchSongs.

Woerter beinhalten spielbare Toene der Notenskala (c, d, e, f, g, a,
h, c, fis, ces ...). Das Webinterface der SearchSongs zeigt einerseits
den Wortstrom der Livesuche an, andererseits laeuft darunter eine
Notenlinie, die spielbare Buchstaben in Noten umwandelt. Nicht
spielbare Buchstaben definieren die Tonlaenge.

Schon in der Antike verwendeten die Griechen eine Notenschrift aus
Buchstaben für die Tonhoehe und markierten mit darueber geschriebenen
Symbolen die Tondauer. Ein ueberliefertes Beispiel dafuer ist das
Seikilos-Epitaph aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. Das bekannteste
Beispiel eines als Buchstaben=Notation vertonten Wortes ist das
B-A-C-H Motiv, das Johann Sebastian Bach mehrfach in seinen
Kompositionen verwendete.

Die SearchSongs beziehen sich darauf, akzentuieren die
Buchstaben-Noten Korrelation jedoch konsequenter und konkreter.
Ausserdem wird dem Begriff der musikalischen Improvisation der Zufall
als Generator gegenüber gestellt, den strengen Regeln der
musikalischen Notation tritt der Algorithmus entgegen. Und so
objektiviert sich letztlich die subjektive Suchmaschinenanfrage in der
Melodie der SearchSongs. Jedoch bewahren die SearchSongs das
persoenliche Moment, indem sie dem Zuschauer/-hoerer ermoeglichen,
zusaetzlich eigene Worte interaktiv in den Wortstrom einzuschieben und
mitzumusizieren.

Was so entsteht, ist ein höchst komplexes Geflecht der
sprachlich-musikalischen Interaktion zwischen Mensch, Maschine
Netzkommunikation und Radio, zwischen Texteingabe, musikalischer
Notation, Programmierung und dem Wortstrom der "Livesuche".


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