[rohrpost] Den Differenzen nachspueren (auf nach Kassel, selber gucken!) schon getan

Thomas Wulffen thwulffen at catrack.de
Sam Jun 16 14:45:11 CEST 2007


Antwort an Andreas Broeckmann:

Erst die Kritiker in das Abseits stellen, ist wohl kaum die richtige
Methode, um mit Kritik umzugehen.
Bei dieser Documenta ist Kunst wieder "Kunst" und alle Fortschritte seit der
D10 von Catherine David und der D11 von Okwui Enwezor vergessen. Das
digitale Momentum scheint nur eine Fussnote zu sein. Da vermisse ich
offensichtlich mehr als der ehemalige Leiter der 'transmedial'

In Bezug auf diese Documenta und die Leistung des Direktors und seiner
angetrauten Kuratorin wird gern von kuratorischer Willkür gesprochen. Das
liessen wir uns ja noch gefallen, wenn das Ergebnis dieser Willkür
überzeugend wäre. Davon kann nicht die Rede sein.
Darüberhinaus gibt es Fakten, die es erlauben von kuratorischer Inkompetenz
zu sprechen. 

Der erste Fakt ist der Aue-Pavillon, dessen Planung ein Wunderwerk zu werden
schien. Bis es den Experten, zu denen die Documenta-Leitung Buergel und
Noack nicht zu rechnen sind, auffiel, das zuviel Licht den Kunstwerken
Schaden zufügen könnte. Also musste aus dem Pavillon eine Art
plattgedrücktes Zirkuszelt werden. Eine ökologisch bestimmte Klimatisierung
liess sich unter den gegebenen Umständen nicht mehr realisieren. Aber
"Kunst", wie sie Buergel und Noack verstehen, steht aus eigenem Gesetz
ausserhalb der Kriterien von Nachhaltigkeit und Ökonomie. Herr Leifeld,
Geschäftsführer des Unternehmens Documenta 12, wird es schon richten.

Der zweite Fakt ist der Umgang mit den Werken. Da wird eine Arbeit im
öffentlichen Raum von Lotty Rosenfeld einfach wieder von der Stadtreinigung
abgebaut. Der Versuch, das Werk wieder herzustellen, wird erst garnicht in
Angriff genommen. Das ist umso bemerkenswerter, weil diese Documenta den
öffentlichen Raum nicht wahrnehmen will. Er scheint keine Kategorie der
"Kunst" von Buergel/Nock zu sein. Diese "Kunst" zeitgenössisch zu nennen,
fällt einem dann auch schwer.

Dritter Fakt: Da wundert es dann auch nicht mehr, dass das Mohnfeld von
Sanja Ivekovic mehr einer Weltbundesbrachenschau gleicht als irgendeinem
Kunstwerk. Aber was brauchen wir Symbole für diese Documenta, wir haben ja
Roger M.Buergel und Ruth Nock.

Und so ist das sogenannte Bilderbuch der Documenta 12 einerseits die
großzügige Kopie einer Arbeit von Erik Steinbrecher von der Documenta 10
unter dem Titel 'Parcours' (die in ihren Materialien auch schon den heute
unausweichlichen Giorgio Agamben aufweist). Andererseits ein Denkmal für
Buergel/Noack..

Ohne die Magazine (siehe Documenta X Documents 1-3) wäre diese Documenta
nicht auszuhalten....Aber das hat ja wenig mit kuratorischer Kompetenz zu
tun...


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