[rohrpost] HEUTE Wizards of ARS(e)! Opening RAUM [][][]

Florian Cramer fc-rohrpost at plaintext.cc
Sam Sep 30 13:59:01 CEST 2006


Hey mi_ga und matze,

die "Wizards of Ars(e)"-Karikatur ist lustig, adelt jedoch diejenigen,
die sie aufs Korn nimmt, mit wohl unbeabsichtigter Bedeutung und
Prominenz.  [Davon abgesehen es ein bißchen bizarr, daß sie
hauptsächlich Leute verzeichnet, die entweder gar nicht mehr in
Deutschland leben und die aktuellen Wizards of OS nicht einmal besuchen
konnten (Tilman Baumgärtel und ich) oder an der Veranstaltung niemals
(Geert Lovink sowie die anderswo von Euch gelistete Mercedes Bunz) oder
nur am Rande (Pit Schultz) beteiligt waren.]

> Der Titel der Veranstaltung spielt ironisierend auf die Großveranstaltungen
> "Wizards of OS" (Berlin) und "Ars Electronica"(Linz) an, 

Der Vergleich hinkt etwas. Die Ars Electronica ist in der Tat eine fest
subventierte Großveranstaltung mit einem Multi-Millionenbudget. Die
"Wizards of OS" hingegen sind eine Selbstausbeutungs-Initiative mit
zusammenbeantragtem ad hoc-Projektetat, die mit wenigen Ausnahmen
(Pressesprecher, Bürokraft, Buchhalter) auf ehrenamtlicher Mitarbeit
basiert und deren Subventionen, soweit mir bekannt, für Saalmieten,
Veranstaltungstechnik sowie Reise- und Übernachtungskosten der
internationalen Referenten draufgehen. Den Eindruck einer
"Großveranstaltung" kann sie nur deshalb erzeugen, weil sie ihren Etat
ausschließlich in Logistik investiert.  Am Vergleich mit den
unsubventionierten CCC-Jahreskongressen, die ihren Referenten nicht
einmal Reisekosten erstatten können, aber immer noch 20 Euro
Tageseintritt kosten, zeigt sich, wem die Subventionierung der WOS
zugutekommt.

> die beide im
> kulturpolitischen Bereich der Medienkünste trendsetzend wirken.

Die Illusion, daß es ein kulturpolitisches Interesse an sogenannten
"Medienkünsten" überhaupt gibt, ist entweder blauäugig, wenn wir nicht
von wenigen "Leuchtturm"-Institutionen wie Ars Electronica, ISEA, ZKM
oder Fraunhofer/MARS sprechen, deren Subventionierung sich letztlich aus
einer (ebenso blauäugigen) politischen Erwartung industriell
verwertbarer Hightech-"Kreativität" speist, oder eine selbstgestrickte
Legende, die Ihr für Eure leicht diffuse Rebellenpose braucht. (Lustig
daran ist, daß Ihr ja z.T. biologisch älter seid als die, an denen Ihr
Euch scheinbar ödipal abarbeitet.) Künstlerisch könnte Euer Festival
vermutlich problemlos als WOS-Veranstaltung oder, schlimmer noch, als
ars electronica-"Electrolobby"-Projekt durchgehen.

> dieses Herbstes. Denn die groszen neuen Machtknoten der staatlich
> subventionierten Mediennetzwerke, wie sie sich seit Mitte der 1990er Jahre
> herausgebildet haben, schieben sich - zur Person geworden - die Poestchen zu
> und schachern um die Marktanteile im Politkultursektor / Abteilung EDV,
> im Mikro- wie im Bundesbereich.

Könnt Ihr das mal über nebulöse Andeutungen und Verschwörungsszenarien
hinaus konkretisieren? Das könnte doch eine interessante Diskussion
ergeben. Anderenfalls läßt Eure Analyse zu wünschen übrig.

-F

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