[rohrpost] RADIOTESLA am 26.10.: Enrico Grunert und Giovanni Longo

Moritz von Rappard rappard at blinx.de
Die Okt 25 15:14:25 CEST 2005




RADIOTESLA IM OKTOBER
RAUSCHEN

Mi 26.10. um 20:30 Grenzen

Enrico Grunert: "Meine Liebe zu David Lynch", Juniradio 2001
Giovanni Longo: "DISLOCAZIONE - Listen to the 
noise of your thoughts", 2003/2004

Der Audiosuite "Meine Liebe zu David Lynch" von 
Andreas Enrico Grunert unterliegt ein 
atmosphärisches Grundrauschen, das auch Angelo 
Badalamenti in seinen Kompositionen zu Filmen von 
David Lynch verwendet. Mit einem sparsam und 
präzise gesetzten Arrangement entwickelt Grunert 
den suspense, die Dramaturgie, eines dichten und 
seltsam schönen, kurzen und wortlosen Hörfilms. 
Meine Liebe zu David Lynch wurde im juniradio 
(2003) uraufgeführt.
DISLOCAZIONE - listen to the noise of your 
thought von Giovanni Longo wurde zuerst auf 
reboot.fm, im April 2004 gesendet. Es handelte 
sich um die Radiofassung einer 
Klang-Installation, die Longo 2003 im Rahmen der 
Ausstellung "Paradies" gezeigt hatte. 
DISLOCAZIONE ist für zwei Tonbänder geschrieben 
und besteht aus 24 beständig wechselnden 
harmonischen Zuständen. Lag der ästhetische Kern 
der Installation im Bunker am Alexanderplatz in 
einer zeit-räumlichen "Versetzung" oder 
"Entortung" - italienisch: dislocazione - der 
Besucher - so fokussierte die Radioadaption ein 
Hörmoment, das mit dem Untertitel "- listen to 
the noise of your thought" gegeben ist: die 
Widerspiegelung eines Klanggeschehens im Rauschen 
seiner Vorstellung.


RADIOTESLA IM OKTOBER
RAUSCHEN

Rauschen als physikalisches Phänomen wird 
erstmals 1918 von Walter Schottky beschrieben: 
Stromschwankungen, die akustisch verstärkt und 
über einen Lautsprecher hörbar gemacht werden, 
klingen so wie das, was dem Phänomen den Namen 
gibt. Ob bei der Namensgebung das Flußrauschen 
oder andere Rauschzustände eine Rolle gespielt 
haben, ist nicht überliefert. Allerdings weist 
Joachim-Ernst Behrendt in seinem Buch "Nada 
Brahma" explizit darauf hin, dass es im Sanskrit 
tatsächlich einen direkten Zusammenhang zwischen 
"Nada" - Klang, auch Rauschen, etc. und "Nadi" - 
Strom, Fluß, aber auch rauschend, tönend, 
klingend gibt.
In der Akustik wird Rauschen als ein 
Schallereignis bezeichnet, das sich aus mehreren 
hörbaren Frequenzen zusammensetzt. Im weißen 
Rauschen etwa sind alle Frequenzen im Bereich des 
akustisch Wahrnehmbaren, also von etwa 16 Hz bis 
20 kHz, mit gleicher Amplitude, d.h. dem gleichen 
Lautstärkepegel enthalten. Metaphysisch ließe 
sich das weiße Rauschen als Informationscluster 
beschreiben, in dem jede wahrnehmbare Information 
in größtmöglicher und gleichwertiger Dichte 
vorhanden ist, wodurch die Entschlüsselung der 
einzelnen Zeichenebenen verstellt erscheint. Mit 
dieser Transformation des Begriffes konnte im 
Bereich der Musik und Audiokunst seit dem 20. 
Jahrhundert neues Kompositionsmaterial 
erschlossen werden.
Auch wenn das Rauschen lange Zeit mit keinem 
konkreten Aussagewert verbunden war, sondern 
gewissermaßen eindeutig als Störung wahrgenommen 
wurde, hat insbesondere die digitale 
Datenübertragung eine neue Dimension des 
Rauschens eröffnet. Wenn nämlich alle 
Informationen als binärer Code übermittelt 
werden, ist das Rauschen eben kein zufälliges 
Begleitphänomen mehr. Vielmehr handelt es sich 
dann um ein gesetztes Zeichen mit inhaltlicher 
Qualität. Dabei ist die Frage, was das Rauschen 
bedeuten kann, natürlich keineswegs abschließend 
geklärt. So mag es bezeichnend sein, daß das 
sogenannte kosmische Hintergrundrauschen, das 
über Radioteleskope aus den Himmelsrichtungen 
empfangen werden kann, an denen sich keine 
bekannten kosmischen Objekte befinden, als eine 
Folgeerscheinung des kosmischen Urknalls 
verstanden wird.




TESLA im Podewils´schen Palais
RADIOTESLA


RADIOTESLA präsentiert ausgewählte Sendungen, 
Fragmente oder Gedankensprünge aus Vergangenheit, 
Gegenwart und Zukunft des Radios. Durch die 
Einbindung dieser Reihe in das regelmäßige 
Programm des Tesla im Podewils´schen Palais und 
vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Nikola 
Tesla schließlich auch der Erfinder des Radios 
war, soll in erster Linie ein Forum geboten 
werden, dass zur Auseinandersetzung mit den 
künstlerischen und kulturgeschichtlichen 
Dimensionen und Möglichkeiten des Mediums 
einladen möchte. Auch wenn einzelne 
Veranstaltungen tatsächlich über Äther oder Netz 
übermittelt werden sollen, sendet RADIOTESLA 
nicht im herkömmlichen Sinne, sondern greift für 
sein Verständnis des Sendebegriffs auf die 
Anfänge des Radios zurück.
Damals wurde das neue Medium noch als 
massentaugliche Kommunikationsform verstanden, 
deren technische Bedingungen nicht zwangsläufig 
die überwiegende Einseitigkeit des Sende- und 
Empfangsverhaltens bedeutete. So begrüßt auch 
RADIOTESLA den Dialog, den Austausch der Rollen 
und die Begegnung mit unterschiedlichsten 
Produkten, Inhalten, Formen und fragt nach 
ästhetischer Orientierung, Grenzbereichen und 
wirklicher wie möglicher Entwicklung des Mediums 
durch neue Formen des Sendens wie Radio im 
Internet, podcasting, und wireless culture.
RADIOTESLA stellt sein Programm jeweils 
mittwochabends um halb neun vor und kostet keinen 
Eintritt. Alle Veranstaltungen eines Monats 
widmen sich in der Regel einem Thema. Damit der 
speziell interessierte Besucher sich auch ohne 
detaillierte Programmkenntnis orientieren kann, 
konzentriert sich jeder Abend auf eine Sparte: am 
ersten Mittwoch im Monat wird ein Hörspiel oder 
ein anderer fiktionaler Beitrag angeboten, der 
folgende Termin ist mit dem Feature und allem 
Nicht-Fiktionalen belegt und der dritte Mittwoch 
wird von zweckfreien Spielformen und Gattungen 
dominiert: Zeit für Ars Acustica und Radiokunst. 
Jeden vierten Mittwoch werden unter dem Stichwort 
"Grenzen" unkonventionelle, unzensierte und damit 
im weitesten Sinn unabhängige Formen vorgestellt. 
Für den Fall, dass es einen fünften Mittwoch im 
Monat gibt, liefert ein Bonus Track einen 
weiteren Beitrag zur Vertiefung des Monatsthemas.

RADIOTESLA

Ein Projekt des TESLA im Podewils´schen Palais, Berlin
Realisierung: Martina Groß, Andreas Hagelüken, 
Séamus O'Donell, Moritz von Rappard und Johannes 
Wilms.
Mit freundlicher Unterstützung von 
Deutschlandfunk/Deutschlandradio Kultur, 
Deutsches Rundfunkarchiv.

Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.

TESLA im Podewils´schen Palais
Klosterstraße 68 - 70 
10179 Berlin   
Telefon: 030. 247 49.6
www.tesla-berlin.de


--