[rohrpost] So. 28.8. 20 Uhr: La Jetée + Twelve Monkeys

pirate cinema berlin sebastian at rolux.org
Fre Aug 26 03:00:36 CEST 2005


The sequoia cut was still in Muir Woods.
On it Madeleine traced the short distance
between two of those concentric lines
that measured the age of the tree
and said, "Here I was born... and here I died."

He remembered another film
in which this passage was quoted.
The sequoia was the one
in the Jardin des Plantes in Paris,
and the hand pointed to a place
outside the tree, outside of time.
"Here Hitchcock was born... and here he died...
and here his copyrights will expire."

They walk. They look at the trunk of a redwood tree
covered with historical dates.
She pronounces an English name he doesn't understand.
As in a dream, he shows her a point beyond the tree
and hears himself say, "They will never expire..."

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                                                   Sonntag 28.8.2005 ab 20:00 Uhr
                                                             Pirate Cinema Berlin
                                                                 Ziegelstrasse 20

                                                                        20:30 Uhr
                                                          La Jetée (Chris Marker)
                                                          FR 1962, 30 min, 392 MB

                                                                        21:00 Uhr
                                                   Twelve Monkeys (Terry Gilliam)
                                                         US 1995, 130 min, 756 MB

                                                                       free entry
                                                                     cheap drinks
                                                                bring blank media

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BitTorrent ist vielleicht das interessanteste, aber natürlich nicht das einzige
Verfahren, Bilder zu kopieren, mit Filmen umzugehen und mit dem Kino zu tun zu
bekommen. Natürlich gibt es auch weniger streng protokollbasierte, traditionell
"künstlerische" Vorgehensweisen - Zitat, Remake, Appropriation - die letztlich
dieselben Autorschafts- und Eigentumsfragen aufwerfen, von denen Pirate Cinema
handelt. Das ist an sich noch nicht besonders aufregend; aufregend wird es erst,
wenn es um bestimmte Formen von Zitat, Remake und Appropriation geht, die längst
etwas ganz anderes sind: die weniger ein Original zu eigenen Zwecken aufgreifen,
als vielmehr eine Kopie (eine Nacherzählung, eine Idee, ein Missverständnis) in
ein Original einschleusen - sich dicht an das Bild eines Urhebers halten, sich
seiner Ausdrücke bedienen, eine falsche Idee beseitigen, sie durch die richtige
ersetzen - und so einen Ursprung rekonstruieren, der vorher nicht zu sehen war,
weil er noch hinter dem Original liegt. Und zwar nicht mit technischen Mitteln,
sondern mit filmischen oder erzählerischen: also Marker, der in Sans Soleil eine
Person erfindet, die Hitchcocks Vertigo hinterherfährt, um sich an einem Ort aus
dessen Handlung an ein Bild aus Markers La Jetée zu erinnern, an der diesselbe
Stelle aus Vertigo völlig anders weitererzählt wird; Hitchcock, der in Vertigo
James Stewart aus einer Kopie von Kim Novak die wirkliche Kim Novak herstellen
lässt, ohne dass er wüsste, dass er es tatsächlich mit dem Original zu tun hat;
letztlich sogar Terry Gilliam, der aus La Jetée (der sich ja in der allgemeinen
Wahrnehmung von einem Avantgardefilm längst in eine Serie von Kitschpostkarten
verwandelt hat, die aus der historisch erledigten Vergangenheit eines historisch
erledigten Kinos zu stammen scheinen und deren Motive ihren Empfängern - dem
europäischen Bildungscineastentum - wenn auch erledigt so doch irgendwie bekannt
vorkommen, weswegen zu diesem Film auch heute noch so viel grotesker Unsinn über
"Erinnerung" geschrieben wird) ziemlich überraschenderweise einen zweistündigen
und von vorn bis hinten gelungenen Hollywoodfilm gemacht hat, in dem die Szene
aus Vertigo von einer Kinoleinwand abgefilmt wird und Bruce Willis, der im Kino
sitzt, zwar glaubt, sich an die Bilder zu erinnern ("ich muss den wohl als Kind
mal im Fernsehen gesehen haben"), sich dann aber selbst im Film wiedererkennt,
darufhin einschläft und im falschen Film, Hitchcocks Vögeln, sowie mit falschem
Bart und falschen Haaren wieder aufwacht... was ein ziemlich guter Einfall ist.

Es geht also um das Kopieren von Kopien. In der kommenden Woche werden wir das
fortsetzen: mit Vertigo und Sans Soleil. Dazwischen sind wir in Köln (mehr unter
www.piratecinema.org/screenings/20050831). Danach fällt, was sicher zu irgendwas
Anlass sein wird, der 11. September auf einen Sonntag. Dann sind Wahlen, gleich
noch ein Anlass. Und irgendwann werden wir auch mal eine Pause einlegen. Kommen
Sie also bitte rechtzeitig. Und (was auch oben schon steht): bring blank media.

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                                                             pirate cinema berlin
                                                             www.piratecinema.org