[rohrpost] Medientheorie - Das Wikiexperiment
mercedes bunz
mrs.bunz at de-bug.de
Don Nov 18 11:42:32 CET 2004
>Ich finde, dass es in Deutschland viel zu viel
>dieser akademischen Methodendiskussion gibt
>(...) Was meiner Ansicht nach fehlt, sind
>gründliche Auseinandersetzungen mit dem
>Medien-Phänomenen, die uns umgeben. Vielleicht
>könnte diese Konferenz so etwas anregen?
ganz interessant, wie verschieden das von
verschiedenen seiten wahrgenommen wird. im
akademisch-theoretischen rahmen sieht man das
ganz anders. in bezug auf die medientheorie wird
hier von einigen seiten eher beklagt, dass sie
nur noch medienhistorie sei. man findet, dass es
nur noch gründliche auseinandersetzungen mit
(allerdings) historischen medien-phänomenen gibt
(wobei der historische blick natürlich immer von
aktuellen verschiebungen gesteuert wird).
jedenfalls fordert man wieder mehr theorie ein,
etwa in "die medien der geschichte", einem ganz
interessanten sammelband zur herausforderung der
geschichtswissenschaften durch die medien.
[einleitung unter:
http://www.uvk.de/pdf/Crivellari_Medien.pdf ] -
und dem würde ich mich anschließen.
mir scheint vielmehr, man hat es in bezug auf den
bereich medien und die diskussion hierzulande mit
zwei verschiedenen problemen zu tun. zum einen
ist die so genannte technische medientheorie (aka
kittlerschule) an einen bestimmten punkt gelangt,
an dem sich ihr neue probleme stellen (was ja
erstmal eigentlich gut ist, dass es da endlich
wieder was zu bereden gibt). ob das nun die
überlegungen von geert sind, was die
verschiedenen deutschen positionen verbinden
könnte oder die aufforderung der
geschichtswissenschaften, wieder theoretisch zu
reflektieren: definitiv handelt es sich wieder um
einen bedarf einer prinzipiellen, d.h. also doch
methodischen diskussion.
zum anderen sind offensichtlich die bestehenden
theorien, wie florian cramer meint, unzureichend
für die betrachtung zeitgenössischer, naja,
vielleicht nicht die ganze kultur, aber den
bereich medienkunst. das ist bestimmt so. nur
weiss ich nicht, ob man da weiter kommt, wenn man
der theorie einen insiderjargon vorwirft wie im
wiki und anschlussfähigkeit einklagt. bedingt
sicher. prinzipell: nein. ich mag es kompliziert
und würde einem medienkünstler nie erklären, er
soll seine medienkunst gefälligst für alle
bedienbar machen. man muss sich eben einfummeln,
das gehört nunmal dazu.
überhaupt: so eine praxis versus theorie debatte,
wie sie im wiki anklingt, die halte ich für
unfruchtbar. dass man einen bestimmten jargon
unsäglich findet, kein problem damit. aber darauf
mit einer tendenziellen theoriefeindlichkeit und
anti-akademische haltung zu reagieren (die auf
den institutionellen positionen sind immer böse),
ist mir irgendwie etwas zu einfach. besides: das
wird medienkünstler auch nicht mit
anspruchsvolleren, treffenderen texten versorgen.
interessant ist viel eher: wo steht medienkunst
eigentlich heute? ist sie immer noch ein
besonderes kunstfeld oder nur eines unter vielen?
ist das "medien" in medienkunst verblasst?
wieviel ist von dem kritischen potential, dass
man mal im bereich "medien" gesehen hat,
übriggeblieben? auch hier also: wieder
diskussionsbedarf. gut. gogogo.
ps: folgenden punkt finde ich allerdings gut, das
sollte man diskutieren (nur welche verlage machen
das mit?):
>Wer auf öffentlichen Stellen und mit
>öffentlichem Geld publiziert, soll dies
>öffentlich tun und Texte unter freien Lizenzen
>verbreiten, anstatt Verwertungsrechte exklusiv
>und honorarfrei - oder sogar noch mit
>Zuschusszahlungen - an Verlage abzutreten.
>Gleiches gilt auch für andere Arbeit, die sich
>öffentlicher Förderung verdankt.