[rohrpost] antwort auf huberts offenen brief vom 10.8.2004

illinois onoma bandit onomastik at braan.org
Mit Aug 11 18:05:00 CEST 2004


meine filme sind banale tatsachen digitalen zeitgeschehens. das mag den 
oder die einen oder anderen verstören oder beeindrucken. aber als 
scherzbold und sprücheklopper sind sie hier ja hinlänglich bekannt. was 
machen sie, guter freund, eigentlich? sie verstopfen mit ihren 
alltäglich-normativen kommentaren, die sie weniger als besserwisser, 
denn als geprügelten knaben entlarven, das internet. sie schmollen den 
lieben langen tag vor sich hin, weil sie keiner mehr auf seinem schirm 
haben will. aber ist das verwunderlich? zum einen nein, weil ihre 
kommentare als listen-erheiterung eventuell taugen, aber für das grosse 
eben nicht. zum anderen auch nein, kennt man sie doch als getriebenen 
querulant und subjektivationsopfer. ich rate ihnen: bleiben sie sie 
selbst, machen sie vernünftige sprüche und hören sie endlich auf, das 
internetz zu verstopfen.

lesen sie lieber, was die presse über meine filmkunst schreibt:

Die visuellen Medien explodieren. In der hochtechnisierten Kultur 
werden Informationen durch Bilder übertragen. Der Bilderkosmos der uns 
umgibt, wird dabei immer dichter. Da verliert mancher den Überblick und 
die Erdung zum "wahren Leben".

Der junge Videokünstler Sascha Büttner ist kein Voyeur. Im Gespräch 
betont er, dass er es für viel wichtiger hält, etwas vom Leben 
mitzubekommen und es zu gestalten. Er arbeitet nicht im Studio und 
bevorzugt Lichtquellen wie sie in jedem Haushalt zu finden sind. Sascha 
Büttner entdeckt dabei neue Welten und nimmt sich die Freiheit, diese 
direkt abzubilden.

Geprägt vom Frankfurter Nachtleben, vermeidet er bewusst abgeklärte 
Statements über die Clubkultur dieser Stadt abzugeben. Dennoch ist 
diese Welt in seinen Filmen zu spüren. Wie die elektronische Musik, die 
den narrativen Soundtrack, zu seinen Clips bildet, ist sein Blick mit 
dem Körper des gefilmten Gegenstandes verbunden. Seine Bilder wären 
nicht denkbar ohne die Erfahrung der elektronischen Lebensweise, die er 
als visuellen Code benutzt.

Für Sascha Büttner ist kein Ding zu gering, um gefilmt zu werden. Er 
ist in seinem künstlerischen Ausdruck frei. In der aktuellen 
politischen Landschaft, die arrogant, kriminell und ohne Moral 
daherkommt, setzt er seine eigene Definition seiner "wahren Welt" 
dagegen. Sascha Büttner filmt mit Billigkameras aus extremen 
Perspektiven heraus. Viele der Effekte werden erst durch die 
nachträgliche Bearbeitung erreicht. Für seine ungewöhnlichen 
Arrangements wird z.B. durch Glasfenster hindurch gefilmt. Weiterhin 
arbeitet er mit Dia-Projektionen, die auf den zu filmenden Gegenstand 
gerichtet sind. Diese "Reflexionen" sind ein Spiegel, durch den wir uns 
selber sehen. Ohne sie können wir keine sinnvollen Entscheidungen 
treffen.

Durch die Geste des Filmiemachers präsentiert sich Büttner nicht als 
passives Objekt. Für "Normative Bebilderung" war es ausschlaggebend für 
das Zustandekommen der Internet-Präsenz, dass sie das aktive Subjekt 
wiederspiegelt. "Solche Spiegel müssen - sofern sie existieren - die 
Kontrolle nicht nur über den Filmemacher, sondern auch über die Geste 
des Filmschaffens selbst gestalten. Die Selbstbeherrschung ist eine 
andere Form der Freiheit." So der Philosoph Vilém Flusser in seinem 
Buch "Gestern". "Der Moment", führt er weiter aus, "da der Kameramann 
aufhört, in den reflektierenden Spiegel (sei er real oder imaginär) zu 
schauen, ist der Moment, der sein Bild symbolisiert wird. Wenn er zu 
früh aufhört, wird das Bild oberflächlich sein. Hört er zu spät auf, 
wird das Bild verworren und ohne Interesse sein. Es wird durchdringend 
und enthüllend sein, wenn der, der die Kamera führt, einen guten Moment 
gewählt hat, um seine Reflexion über sich selbst abzubrechen."

Durch das Öffentlichmachen seiner Filme im Netz, gibt er der 
"chemischen Generation" eine spannende Privatlektüre in die Hand. Im 
Gegensatz zu den Chronisten des Nachtlebens Anfang der neunziger Jahre, 
die mit ihren "Modellen" die jeweilige Situation durchlebten, ist für 
Sascha Büttner das interessant, was die Modelle sehen. Büttner ist auf 
der Suche nach dem Gegenstand des selbstbewusst verklärten Blicks 
dieser Epoche, wie z.B. Tilmann Baumgärtel ihn festgehalten hat. Es ist 
eine Suche nach der verlorenen angehaltenen Zeit – und gleichzeitig die 
Antwort eines selbstbewussten jungen Mannes, der den Gesichtern, die 
inzwischen von den Zeitschriften und der Werbung unbarmherzig 
totgefilmt worden sind, keinen Glauben mehr schenkt.

also: lesen bildet. für dich sogar bei heise.




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