[rohrpost] Computerromantik_am_Gendarmenmarkt
Joulia Strauss
jouliastrauss at gmx.de
Sam Aug 7 06:10:27 CEST 2004
Der digitale Rechner ist kein "Werkzeug".
3D-Computergrafik kommt nicht aus dem MIT. Wagner ist nicht rechtsradikal.
Die Bilder, die uns faszinieren, kommen wohl doch von Künstlern.
Breitengraser room for contemporary sculpture
summer sculpture series 3
Ein Schwanenroboter. Ein Computerspiel als Kunstwerk.
Joulia Strauss
gott at computer.de
Ein Schwanenroboter und ein Computerspiel als Kunstwerk.
“Moderne Kunst ist eine Sackgasse. Die wahre Fortsetzung aller
neuzeitlichen Bilder seit Brunelesci und Alberti ist die Mathematische
Computerromantik”. (Friedrich Kittler)
Eröffnung:
13. August, 20.00 im Französischen Dom,
Französische Friedrichstadtkirche
Gendarmenmarkt 5
10117 Berlin-Mitte
jouliastrauss at gmx.de
Es spricht Olesya Turkina, Kuratorin und Kunstkritikerin, St. Petersburg.
Nach einer Inflationierung non-retinaler*(1) Kunst trat die psychische wie
gerade politische Resignation des Publikums ein. Es erfolgt ein
Transfusionsvorgang, den wir Mathematische Computerromantik nennen,
welcher der ästhetischen Deprivation entgegenwirkt.
Ein Schwanenroboter
"Den Helden der Deutschen Computerkunst"
Die analoge Arbeit besingt Künstler, die ultimativ bereit waren, die
Verbindung zur sich immer verspätenden Kunstszene zu opfern, um in
verschlossenen Institutionen als Hacker mit den einzig für die
zeitgenössische Kunst relevanten Technologien des Imaginären arbeiten zu
können.
Der Schwan ist ein Vehikel des Rührenden, ein Code des Majestätischen,
doch ist er mehr als blosse Metapher. Seine Präsenz im physikalischen Raum
hilft uns, mit dem kalten Blick*(2) die Konstruktionsprinzipien der
durchrechneten 3D-Simulationen zu begreifen. Technologisch determiniert -
zum Glück - sind die regelmäßigen Polygone der Form und regelmässig sind die
Spuren der CNC-Fräse auf der Oberfläche der Skulptur. Anmut und Ruhe findet
das Auge in dem den 3D-Partikelsystemen ähnelnden bunten Sternenstaub auf
dem Wasserspiegel und in dem Gitter der Mathematik der Sternchen im Himmel;
in den pixelhaften Glassperlen des Vorhangs. Sein Motiv ist ein
medienhistorischer Exkurs in das verstorbene Pionierprogramm Softimage 3D.
Aktiviert man mit der Hand den mit blauen Perlen ausgewählten Knopf, so
fängt eine analogisierte mechanische, aber von einem kleinen Chip
gesteuerte 3D-Computeranimation an. Der Schwanenroboter dreht seinen Kopf
zu uns, weint und spricht dramatisch: „Es lebe das Geheime Deutschland“.
Damit meint er den Wiederstand im Allgemeinen und gegen die "The Swan" -
show im einzelnen.
Moritz Mattern & Joulia Strauss
„Freischwan von Steckdosen“
„Freischwan von Steckdosen“ ist ein Computerspiel auch für die Kunstwelt.
Man wird zum Schwan, welcher am wunderschönen 3D-Computersee befindlich ist
und in der Suche nach dem perfekten mathematischen
Computerromantik-Kunstwerk entheogene Pflanzen trifft, die gesprächig sind
und verspeist werden können. Das letztere bewirkt im Schwan diverse Zustände
bzw. Ausstellungen: 3D-Computerkunstwerke der jungen Berliner Autoren, die
Deutsche Romantik in Videos, Schwanentagebuch von Peter Berz. Der Schwan
sieht Kulturphänomene wie "Tod des Musikvideo", "Verschmelzung zwischen Alan
Turing, Ludwig II. von Bayern und Annette Bitsch", oder "Schwan frisst den
toten Hasen von Joseph Beuys". Der Spieler wird von schönster elektronischer
Musik von Iwanka Skriwanek und von Blowfeldt59 begleitet. Das Finden des
perfekten Kunstwerks der mathematischen Computerromantik ist das Finden von
sich selbst. Wer das Spiel spielt, verwandelt sich für immer in einen
Schwan.
Joulia Strauss und Moritz Mattern erklären in einer kleinen
Eröffnungsperformanz den Level of Detail der griechischen Bildhauerei und
Rembrand van Rijns Methode der Optimierung des Echtzeitrenderings
komplexer Umgebungen und stellen eine Verbindung zwischen der Ultra
Shadow-Technik und Philipp von Hilgers' Diskursanalysemaschine her.
*(1) den Begriff verdanken wir Philipp von Hilgers
*(2) für die gute Erfindung sei Wolfgang Ernst gedankt
Die Veranstaltung ist feierlich und vom Urlaubszwang befreiend.
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