[rohrpost] Reservate fuer Bio-Wissensquellen?
Matze Schmidt
matze.schmidt at n0name.de
Mon Aug 18 23:31:10 CEST 2003
COMPUTER
Attac gegen geplante Patentierung von Software
FRANKFURT A. M. Gegen Patente für Computer-Software hat sich die
globalisierungskritische Organisation Attac in einem offenen Brief an die
Abgeordneten des Europäischen Parlaments ausgesprochen. Bisher sei
Software nach dem Europäischen Patentübereinkommen nur vom Urheberrecht
geschützt. Eine geplante Richtlinie, mit der sich das Europäische
Parlament am 1. September beschäftigt, würde eine Patentierung
ermöglichen, teilt Attac mit.
Nach Ansicht der Organisation würde dies zu einer weiteren Konzentration
auf dem Softwaremarkt führen und damit Wissen privatisiert. "In der Praxis
sichern Patente vor allem die Marktmacht großer Konzerne ab", kritisiert
Attac. "Wissen, Information und Software sind das virtuelle Öl des 21.
Jahrhunderts - dafür darf es keine Monopole geben."
http://www.fr-aktuell.de/ressorts/wissen/netzwerk/?sid=7087675f3c49a41a1746aa185468da09&cnt=272011
"Leserbrief"
Reservate fuer Bio-Wissensquellen?
Mit einem typischen Informationsoekologie-Slogan verkennt die
Kampagnenmaschine Attac zweifach, dasz "Wissen, Information und Software"
nie Ressourcen sein koennen, schon gar keine 'virtuellen'. Denn alles
Symbolische basiert auf Ver-Arbeitung - sei sie rationalisiert-maschinisiert,
z.B. bei halbautonomen Symbolverarbeitungsmaschinen wie Computern, oder sei
sie - wie immer noch - manufakturelle Serienproduktion von Hand+Kopf.
Das bedeutet, dasz Wissen immer ausgelesen wird und werden musz, und zwar
per Arbeitsleistung, die bekanntlich eine zeitlich bestimmte Ware ist.
Wissen etc. ist demnach kein Rohstoff, wie das Gerede vom "virtuellen Oel"
suggerieren soll, den es oekologisch zu schuetzen gelte, sondern Produkt
aus Arbeit! Wissen ist nicht blosz Mittel, sondern bleibt als Gut gebunden
an Ausbeutungsverhaeltnisse, in denen die stecken, die das Gut
kulturtechnisch herstellen.
Attac folgt in seiner Rhetorik eines "Ausverkaufs von Wissen", verbunden mit
einer Antihaltung, der Ideo-Logik des Kapitals, welches Manpower/Womenpower
als Ressource oder Kapital definiert und damit den Zwang des Verkaufs der
den Individuen eigenen Arbeitskraft ueberdeckt. Wobei (in diesem Fall)
Symbolver-Arbeiterinnen, ganz im Sinn der Kopplung von fixem und fluidem
Kapital, zu 'frei verfuegbarem', aber "nachhaltigem" "Humankapital"
(Ressource Humaines) gemacht werden.
Indirekt strengt die propagandistische Theorie von Attac einen
reformerischen Diskurs an, der den Markt und sein(e) Kommando(s)
befuerwortet, aber auf Regulierungs-Bestrebungen (Monopolverbot) hofft,
die das System (so musz man es nunmal nennen) aus Kauf und Verkauf
letztlich blosz abfedern und damit stuetzen sollen; bzw., was vielleicht
schwerer wiegt, es wird in seiner Logik garnicht begriffen. Denn eine
Beschraenkung des Profits wuerde Profit und seinen Terror ja nicht
abschaffen, sondern nur etwas von ihm abzweigen, fuer kleinere
Marktgaenger etwa (gegen die "groszen Konzerne"), oder fuer Sozial-
und Kultursysteme. Das entspricht offenbar ganz einem globalistischem
Neo-Keynesianismus.
Matze Schmidt