[rohrpost] "Bildkommunikation"
Frank Kilian
frank.kilian at medien.uni-weimar.de
Fre Aug 15 17:26:58 CEST 2003
Neuerscheinung:
Georg Jongmanns "Bildkommunikation. Ansichten der Systemtheorie",
Bielefeld (transcript) 2003
Klappentext: http://www.transcript-verlag.de/ts162.htm
aus der Vorbemerkung:
" ... Man kann zwei aufeinander abgestimmte Prozesse unterscheiden, die
ihre Relevanz ausspielen, wenn es um Bilder geht: Auf der eine Seite
sorgt der Diskurs, sorgen die sozialen Praktiken, sorgt die
Kommunikation dafür, dass sich Muster herausbilden, Darstellungsweisen
etablieren, Stile geschaffen werden, auf die man immer wieder
zurückkommen kann. Allein schon wegen ihrer weiten Verbreitung und
wegen der Variationen, die sie erfahren, ist es unmöglich, diese
Errungenschaften auf die Handlungen. Tätigkeiten oder Kreationen
einzelner Personen zu reduzieren. Auf der anderen Seite steht das
Sehen, das seinen Blick in den Bildern schweifen lässt, den Figuren
folgt, den Linien entlanggleitet und sich von den Farben affizieren
lässt.
Man macht es sich jedoch zu einfach, wenn man annimmt, dass das Sehen
und die Kommunikation immer schon aneinander angepasst sind.
Normierungen müssen sich erst durchsetzen, Darstellungsweisen müssen
geschaffen und Plausibilitäten müssen ermittelt werden, um sowohl auf
der Seite der Kommunikation als auch auf der Seite des Sehens zu
nachhaltigen Formen der Bildlichkeit zu gelangen. Die vielfältigen
Anstrengungen, die unternommen werden, um die technischen
Visualisierungsverfahren so weit zu entwickeln, bis sie sowohl visuelle
Aufschlüsse als auch kommunikative Wirksamkeit zeitigen, belegen die
Notwendigkeit von Passungsaktivitäten. Zu ihrem Leidwesen glücken sie
nicht immer. Die Geschichte der Bildlichkeit ist voll von Experimenten
und Abbrüchen, Gewöhnungen und Moden, von plötzlichen Zäsuren und
paradigmatischen Entwürfen.
Somit können zwei Aspekte der Bildlichkeit festgehalten werden. Erstens
besteht zwischen der Bildkommunikation und dem Sehen von Bildern eine
grundlegende Differenz, über die hinweg beide miteinander verbunden
sind. Man muss das Sehen und die Kommunikation sowohl in ihrer
Eigenständigkeit als auch in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit
begreifen. Eigenständig sind sie, insofern sie eigenen Prozessen
folgen, die mal bildlich bestimmt sind und mal nicht; abhängig sind
sie, insofern sie die Ressourcen des jeweils anderen voraussetzen, um
Bildlichkeit prozessieren zu können. Da es bei den Abstimmungen nicht
nur zu gegenseitigen Passungen, sondern auch zu Friktionen kommt, mit
denen Reibungsverluste und Irritationen einhergehen, ist die
Schnittstelle zwischen dem Sehen und der Kommunikation zweitens eine
Problemstelle. Trotz der gegenwärtigen Konjunktur der Bilder in den
Kultur- und Sozialwissenschaften findet diese Stelle nur wenig
Beachtung. Als Problem wird sie schon gar nicht erkannt. ..."