[rohrpost] Neuerscheinung: Inke Arns. Neue Slowenische Kunst. Ljubljana 2002
Inke Arns
inke@snafu.de
Mon, 4 Mar 2002 20:34:33 +0100
NEUERSCHEINUNG
Anl=E4sslich der Einzelausstellung der Gruppe IRWIN (NSK) - "Rekapitulatio=
n" im
Museum Ostdeutsche Galerie in Regensburg (Pressekonferenz: Freitag, 8. Mae=
rz. 2002,
11 Uhr; Dauer der Ausstellung: 10. Maerz - 14. April. 2002) erscheint folg=
ende
Publikation:
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Inke Arns
Neue Slowenische Kunst (NSK) - eine Analyse ihrer k=FCnstlerischen Strate=
gien im
Kontext der 1980er Jahre in Jugoslawien
Ljubljana 2002
(200 Seiten, 26 x 18,5 cm, Gestaltung: Novi Kolektivizem/NSK, 120 sw-Abbil=
dungen,
Irwin-Katalogteil durchgehend farbig, ISBN-Nr., 20 Euro)
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<color><param>0100,0100,0100</param>Ankuendigungstext zur Publikation:
"Our freedom is the freedom of those who think alike."
"We <FontFamily><param>SYMBOL</param>[<FontFamily><param>Times New Roman</=
param>...<FontFamily><param>SYMBOL</param>]<FontFamily><param>Times New Ro=
man</param> are the <italic>engineers of human souls</italic>."
"Art and totalitarianism are not mutually exclusive. Totalitarian regimes =
abolish the illusion
of revolutionary individual artistic freedom."
Diese Zitate stammen weder aus Programmen totalit=E4rer Regierungen, noch =
sind sie
Ausspr=FCche stalinistischer oder faschistischer Politiker. Es handelt sic=
h vielmehr um
programmatische Aussagen des slowenischen K=FCnstlerkollektivs Neue Slowen=
ische
Kunst (NSK), das sich Anfang der 1980er Jahre in Ljubljana, der Hauptstadt=
der
Jugoslawischen Sozialistischen Republik Sloweniens, gegr=FCndet hatte. Die=
NSK sorgte
seit 1984 mit ihren Aktionen f=FCr Verwirrung und rief in Jugoslawien sowi=
e im Ausland
emp=F6rte Reaktionen hervor. Denn dieses K=FCnstlerkollektiv trat mit dem =
Vorsatz auf,
=82totaler als der Totalitarismus=92 zu sein. Nicht Ironie, Satire oder Pa=
rodie waren die
treibende Kraft hinter den Aktivit=E4ten des Kollektivs, nicht kritische D=
istanz zur
herrschenden Ideologie und dem Totalitarismus. Die Strategie der NSK besta=
nd vielmehr
in einer affirmativen =DCber-Identifizierung.
Die erste, nun vorliegende Gesamtdarstellung des K=FCnstlerkollektivs Neue=
Slowenische
Kunst (NSK) pr=E4sentiert die wichtigsten Unterabteilungen der NSK =96 zus=
t=E4ndig f=FCr
Musik, bildende Kunst, Tanz/Performance und Grafikdesign (Laibach, Irwin, =
Gledalisce
Sester Scipion Nasice/Kozmokineticno Gledalisce <italic>Rdeci Pilot</itali=
c>, Novi Kolektivizem).
Au=DFerdem stellt die Monographie die theoretischen und k=FCnstlerischen K=
onzepte der
NSK wie Retrogarde und =DCber-Identifizierung im gesellschaftlichen und po=
litischen
Kontext dar, der sich w=E4hrend der 1980er Jahre in Slowenien bzw. Jugosla=
wien
entwickelte. Die Neue Slowenische Kunst betrieb subkulturelle Eskalationss=
piele, die auf
die Existenz nationalistischer Mythen und das Vorhandensein des (totalit=E4=
ren) Begehrens
nach freiwilliger Unterordnung verwiesen. "Das Phantasma durchqueren" hat =
der
Philosoph und Psychoanalytiker Slavoj Zizek diese subversive Strategie gen=
annt.
Inke Arns deutet die von der NSK in den 1980er Jahren eingesetzten radikal=
en
k=FCnstlerischen Strategien als =E4sthetische Umsetzung der seit Beginn de=
r 1980er Jahre
formulierten Theorien der slowenischen Lacan-Schule um Slavoj Zizek. Diese=
Schule
wurde zu einem bedeutenden theoretischen Fundament des Selbstverst=E4ndnis=
ses der
subkulturellen Szene Ljubljanas, die wiederum zur wichtigsten Kraft f=FCr =
die Entstehung
bzw. die Wiederentdeckung der Zivilgesellschaft in Slowenien werden sollte=
.
Die Neue Slowenische Kunst wurde vielfach r=FCckblickend zum Katalysator d=
er
slowenischen Pluralisierungs- und Demokratisierungsprozesse erkl=E4rt. Ink=
e Arns geht der
Frage nach, warum paradoxerweise gerade der Totalitarismus der geistigen T=
erroristen
der NSK einen nicht unerheblichen Beitrag zur Demokratisierung eines semit=
otalit=E4ren
Systems geleistet hat. Die Publikation wird erg=E4nzt durch ein Interview,=
das die Autorin
mit Irwin im M=E4rz 2000 in Ljubljana f=FChrte.
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Pressetext zur Ausstellung:
IRWIN: Rekapitulation
Pressekonferenz: Freitag, 8. Maerz. 2002, 11 Uhr
Er=F6ffnung: Sonntag, 10. Maerz. 2002, 11 Uhr
Dauer der Ausstellung: 10. Maerz - 14. April. 2002
<color><param>0000,0000,0000</param>Museum Ostdeutsche Galerie Regensburg
Dr.-Johann-Maier-Str. 5
93049 Regensburg
<underline><color><param>0000,8000,0000</param>http://www.mog-regensburg.d=
e/</underline><color><param>0000,0000,0000</param>
Die K=FCnstlergruppe IRWIN entstand Anfang der 80er Jahre in Ljubljana, de=
r Haupstadt
der Slowenischen Teilrepublik der damaligen Jugoslawischen F=F6deration. S=
ie nannte sich
Rrose Irwin S=E9lavy, wodurch ihr Bezug zum Werk des radikalsten Vertreter=
und
schlie=DFlich auch =DCberwinder der Moderne, Marcel Duchamp und seinen rea=
dy mades,
zum Ausdruck gebracht werden sollte. Irwin arbeitet mit bildnerischen read=
y mades -
ausgew=E4hlten und bereits existierenden Bildern - Symbolen, Gestalten und=
Kompositionen, um sie - =E4hnlich wie die Pop Artisten, die seit den sp=E4=
ten 50er Jahren
auch =94bereits gemachte=94 Vorbilder (Comics, Vignetten, Farbdrucke aus Z=
eitungen und
Illustrierten, Reklamen) in ihren Kunstwerken verarbeiteten - zu neuen Bil=
dkollagen
zusammenzustellen. W=E4hrend sich jedoch diese Appropriationen (=94Ausbeut=
ung=94) in der
Pop Art meistens im allgemein Formalen bewegen (Motto: the medium is the m=
essage)
stossen die Arbeiten von Irwin in eine Dimension vor, die f=FCr die westli=
che Rezeption oft
Schwierigkeiten bereitet - sie werden politisch. Der Betrachter wird mit =FC=
berdeutlichen
politischen Anspielungen auf totalit=E4re Regime konfrontiert. Die Penetra=
nz und Radikalit=E4t,
mit denen Irwin Symbole verschiedener, scheinbar miteinander nicht zusamm=
enh=E4ngender
machtideologischer Systeme zusammenbringt, wirken auf den ersten Blick =FC=
bertrieben,
k=FCnstlich oder gar abstossend. Ikonen verschiedener undemokratischer und=
populistischen
Epochen - Kreuz, Herz, Hirschgeweih, Quadratt, S=E4mann, Arbeiter, u.=E4.=
m. - werden von
Irwin zu neuen mehrschichtigen Bildern zusammenmontiert. Irwin nennt sein=
e
Arbeitsmethode die retrogardistische =DCberidentifizierung und deutet dami=
t an, dass dabei -
im Unterschied zu der Avantgarde - der Blick nicht nach vorne, sondern i=
n die
Vergangenheit gerichtet wird. Die in der (slowenischen) Vergangenheit entd=
eckten
totalit=E4re Gesellschaftssysteme (mittelalterlicher Despotismus, Faschism=
us, Stalinismus)
werden aber nicht =94aufkl=E4rerisch=94 krititisert oder ironisiert, sonde=
rn in einer bildnerischen
=DCberdeutlichkeit =94nachgestellt=94: =DCberidentifizierung. Die Offenhei=
t und =94Schamlosigkeit=94,
mit denen Irwin die politisch-inhatlichen Aussagen verarbeitet gehen weit =
=FCber z.B. die
postmoderne Kritik an der Dogmatik der Moderne hinaus und bed=FCrfen einer=
Erkl=E4rung:
In den Gesellschaften des ehemaligen realen Sozialismus =FCbernahm die Kun=
st teilweise die
Rolle der Politik: Neben der offiziellen Kunst bildete sich - vor allem i=
n den
Tauwetterphasen - eine halboffizielle k=FCnstlerische Grauzone, die weitge=
hend offen und
kritisch und doch noch nicht verboten war. Auf der B=FChne, in Filmen, Kon=
zerten oder
Ausstellungen konnten Kommunikationen entwickelt werden, die latent einen =
politischen
Charakter trugen. Die 80er Jahre in Jugoslawien waren noch widerspr=FCchli=
cher: Das Tito-
Regime galt jahrzehntelang als der Musterknabe des liberalen Sozialismus u=
nd wurde
weltweit bewundert. In der Tat gab es in allen Bereichen gr=F6ssere Freihe=
iten als anderswo
im =94Osten=94. Nach Titos Tod kamen die versch=FCtterten Widerspr=FCche =
um so st=E4rker zum
Vorschein, gleichzeitg waren aber auch die K=FCnstler und die intellektuel=
le Schicht st=E4rker
gewohnt, sich zu engagieren und zu wehren. Als 1984 die Gemeinschaft Neue =
Slowenische Kunst (NSK), deren Mitgleid auch Irwin war, gegr=FCndet wurde,=
galt die
ironische, kritische und wahrheitssuchende Auseinandersetzung mit dem Regi=
me bereits
als obsolet. Man glaubte weder an die Reformierbarkeit des Systems noch an=
die
M=F6glichkeit der Fehlerbeseitigung der real-sozialistischen Deformationen=
. Die Strategie,
die die NSK entwickelte hie=DF =94=DCberidentifizierung=94, man wollte in =
den Konzerten,
Theatervorstellungen, Performancen, Installationen und Bildern die tats=E4=
chliche Welt des
Regimes noch perfekter und perfider nachstellen als es das Regime selbst i=
n der
Wirklichkeit tat. Damit sollten nicht nur Enth=FCllungsmechanismen freiges=
etzt, sondern auch
die Standhaftigkeit des Regimes selbst getestet werden. Die NSK und damit =
auch Irwin
verfolgte diese Strategie mit einem gro=DFen Erfolg und sie trug wesentlic=
h zur
Beschleunigung des Demokratisierungsprozesses in Slowenien bei. Vor diese=
m
Hintergrund ist die k=FCnstlerische Praxis der Gruppe Irwin zu verstehen. =
Nachdem die
politische Zensur und damit auch der Zwang, gegen sie zu k=E4mpfen, in den=
90er Jahre
verschwand, suchte die Gruppe nach einer neuen strategischen Position. Gef=
unden wurde
sie in der Thematisierung des Staates als eine Organisationsform, die welt=
weit mit
Gewaltmonopol und Ideologiemanipulation jongliert. Die NSK hatte einen kon=
zeptuellen
Staat gegr=FCndet (Drzava v casu - Staat in der Zeit), den man nur in temp=
or=E4ren
Erscheinungen wahrnehmen kann - in Ausstellungen, Aktionen oder Vorf=FChru=
ngen. Der
Staat in der Zeit gleicht einer Geheimorganisation, die =FCberall und nirg=
endwo zu finden ist
und somit den idealen Machtstaat aller Zeiten verk=F6rpert. Die Installati=
on Rekapitulation,
mit der sich IRWIN zum ersten Mal s=FCdlich des Rheins in Deutschland vors=
tellt, zeigt
einen =94R=FCckblick=94 und die bisherige k=FCnstlerische Strategie der Gr=
uppe - die
retrogardistischen Ikonen, Materialisationen des virtuellen Staates in Bil=
d und Wort.
Die Ausstellung wird in Anwesenheit der K=FCnstler am 10. M=E4rz um 11 Uhr=
er=F6ffnet. Zur
Ausstellung wird als Katalog ein Buch von Inke Arns, Neue Slowenische Kuns=
t f=FCr 20
EUR angeboten. Das Projekt wurde duch die Bayerisch-Slowenische Gesellscha=
ft in
M=FCnchen unterst=FCtzt.
- http://www.v2.nl/~arns