[rohrpost] neues: Al Dschasira/ZDF + Rußlands Fernsehszene

Andreas Broeckmann abroeck@transmediale.de
Tue, 22 Jan 2002 21:19:14 +0200


Hamburg (dpa) - Das ZDF und der arabische Fernsehsender Al- Dschasira
wollen zusammenarbeiten. ZDF-Intendant Dieter Stolte und Sheikh Hamad bin
Thamer Al-Thani, Chef von Al-Dschasira, haben in Doha/Katar ein «weit
reichendes Kooperationsabkommen» unterzeichnet, wie das ZDF am Dienstag
mitteilte. Das Abkommen räume beiden Seiten Zugang zu Bild-, Nachrichten-
und Archivmaterial ein. Außerdem wurden Konditionen für gegenseitige
Produktionshilfe und journalistische Weiterbildung verabredet, hieß es.
Stolte nannte das Abkommen einen «bedeutenden weiteren Schritt des ZDF beim
Ausbau eines internationalen Informationsnetzes». Das ZDF will Al-Dschasira
bei der Eröffnung eines eigenen Nachrichtenbüros in Berlin unterstützen.
Der 1996 gegründete arabische Sender spielte in den vergangenen Monaten
eine wichtige Rolle als Informationsquelle während des Afghanistan-Krieges
und zeigte häufiger Videos von Terroristenführer Osama bin Laden.

Moskau, 22. Jan (Reuters) - Russland hat in der Nacht zum Dienstag den
unabhängigen Fernsehsender TW6 abgeschaltet, den letzten nicht-staatlichen
Sender, der landesweit ausgestrahlt wurde. Damit sind wie zuletzt zu Zeiten
der Sowjetunion nur noch staatliche Sender landesweit zu empfangen. TW6
seien der Strom abgeschaltet sowie die Telefon- und Internetverbindungen
gekappt worden, sagte Fernsehdirektor Jewgeni Kiseljow. Ein Gericht hatte
dem Kanal des Großunternehmers Boris Beresowski vor kurzem
die Sendelizenz entzogen. In dem Urteil hieß es, der Sender verstoße gegen
gesetzlich vorgeschriebene Finanzregeln. Mit der Abschaltung von TW6 hat
die russische Regierung erstmals seit dem Ende der Sowjetunion ein Monopol
bei der Kontrolle landesweiter Sender. "Das sieht aus wie eine Art
Fernseh-Coup", sagte TW6-Chef Kiseljow dem Radiosender "Echo Moskau". "Die
Behörden haben heute gezeigt, dass ihr einziges Ziel ist, uns mundtot zu
machen." Boris Nemtsow, Vorsitzender eines rechten
Parteienzusammenschlusses, bezeichnete den Schritt als "großen politischen
Fehler" Präsident Wladimir Putins. TW6 gehörte zu den wenigen Medien des
Landes, die das russische Vorgehen in der Kaukasus-Republik Tschetschenien
kritisieren und Korruptionsfälle in der Regierung aufdecken. Der Sender
hatte zahlreiche Journalisten des ehemals unabhängigen Senders NTW
übernommen, als dieser ähnlich wie TW6 jetzt zum Schweigen gebracht wurde.
Die russische Regierung hat wiederholt betont, TW6 sei allein
wegen seiner Geschäftspraktiken geschlossen worden. Putin hat allerdings
auch kein Geheimnis aus seiner Abneigung gegenüber Beresowski und dem
ehemaligen NTW-Eigner Wladimir Gusinski gemacht und wirft ihnen vor, ihre
Medienmacht zu missbrauchen.