[rohrpost]Buchmesse-Veranstaltung, 10.10.01 / update

Andreas Kallfelz rohrpost@mikrolisten.de
Sat, 29 Sep 2001 15:05:14 +0200


"Netzkultur 2.0 / CATALOGUE OF STRATEGIES"
mit Petra Ilyes, Manfred Fassler, Mieke Gerritzen, Geert Lovink,
Sebastian Lütgert, Niels Werber

Mittwoch, 10.10.01, 21 Uhr
LM Ausstellungsraum; Städelshof 6 (Frankfurt/Main)

Organisation: Andreas Kallfelz
T/F: 069-5978859 kallfelz@altavista.de)
Co-Producer: BIS Publishers (NL), Gingko Press (HH, Ca.)

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>> Buch-Präsentation: CATALOGUE OF STRATEGIES (M. Gerritzen, G. Lovink,
M. Bruisma; NL 2001)

Der CATALOGUE OF STRATEGIES dokumentiert über einen Zeitraum von zehn
Jahren die Grafik-, Web- und Fernseharbeiten von Mieke Gerritzen und
ihren Mitarbeitern in der neu gegründeten Firma NL-Design. Sie hat einen
außergewöhnlichen Stil geprägt. Worte und Sätze werden vielfach als
Bildelemente eingesetzt, ganze Seiten und Hefte werden gestaltet aus
Text. Damit verliert der Text die Funktion eines bloßen Kommentars, der
Untermalung einer Bildbotschaft oder einer distanzierten Erzählung, er
wird selbst zu einem Icon, zu einem Textbild, das einen Inhalt in eine
Art Handlungsmoment umsetzt. Untrennbar sind diese Gestaltungsmittel mit
den praktischen Kontexten verbunden, in denen sie sich entwickelt haben.
So ist der CATALOGUE OF STRATEGIES auch so etwas wie ein Arbeitsbuch, wo
es um die Verbindung von Inhalt, Gestaltung und Handlung geht und
sichtbar wird, wie das Design in Kampagnen, Konferenzen und anderen
aktivistischen Zusammenhängen eine spezifische Funktion gewinnt und
gleichzeitig eine eigenständige ästhetische Ebene erzeugt.

>> Lectures, Talk, Images: Netzkultur 2.0

Der Niedergang der Internet-Ökonomie und das Irrealwerden der digitalen
Utopien, die vor nicht allzu langer Zeit noch die Köpfe beherrschten,
hat die Weiterentwicklung der Netzkultur nicht gegenstandslos gemacht,
allerdings ihre Grundlage komplett verändert. Während die Phantasien von
virtuellen Körpern und künstlichen Lebenswelten vor der Profanität des
Alltags und den Problemen der realen Welt langsam absurd zu werden
scheinen, gewinnt das Netz als Feld der Auseinandersetzung auf
verschiedensten Ebenen immer größere Bedeutung.

Insofern ist keine „Netzmüdigkeit“ angesagt, sondern die vermehrte
Beschäftigung mit dem politischen, ökonomischen und kulturellen Umfeld –
netzintern wie -extern. „Netzkultur“ und „Netzkritik“ bilden gegenüber
den sich etablierenden wirtschaftlichen und politischen Einflußsphären
ein wichtiges potentielles Gegengewicht. Aber es kommt auch darauf an
pragmatisch zu operieren und sich nicht in isolierten Enklaven um sich
selbst zu drehen. Praktisch bedeutet das, Gestaltungsmöglich-keiten zu
nutzen und Freiräume zu sichern, in denen eine unabhängige ästhetische
und inhaltliche Reflexion sich ausdrücken und wirksam werden kann.

Prof. Manfred Fassler, Kommunikationswissenschaftler und
Kulturanthropologe an der Universität Frankfurt, betreut u.a. das
Forschungsprojekt „Cyberpoiesis“, das die Sphäre der Netz-Designer,
-Künstler und -Theoretiker und die „Ambivalenzen netzbasierter
Kulturgestaltung“ zum Gegenstand hat, und ist Mitorganisator der
Konferenz „Entwerfen“ (Okt./Nov. 2001) zu neuen Wissensstrukturen.

Mieke Gerritzen gehört zu den einflußreichsten und innovativsten Grafik-
und Webdesignern der Niederlande und realisiert ihre Arbeit in
unterschiedlichen interdisziplinären Kontexten. Vor kurzem gründete sie
ihre eigene Firma NL-Design. Sie ist zudem Leiterin der Design-Abteilung
des Sandberg-Instituts in Amsterdam und initiierte den
Screendesign-Wettbewerb „International Browserday“, der nach Amsterdam
und New York diesen Dezember in Berlin zum fünften Mal stattfindet.

Petra Ilyes, Kulturanthropologin, arbeitet z.Z. an einer umfassenden
Studie zum Einfluss der Informations- und Kommunikationstechnologie auf
periphere Gesellschaften und berichtet und zeigt Bilder von ihrer
jüngsten Feldstudie im Silicon Valley 2001.

Sebastian Lütgert betreibt seit 1998 von Berlin aus Netzportale wie
rolux.org und textz.com. Auf den ersten Blick erinnern diese Websites an
„Dienstleistungsserver“, mit verschiedensten Funktionalitäten
ausgestattet, mit Bannern verziert etc. Tatsächlich handelt es sich hier
jedoch um Tools und Inhalte, die in nützlich-hintergründiger Weise
antikommerziell sowie autonomie- und subversionsfördernd funktionieren.

Geert Lovink, holländischer Medientheoretiker und Netzaktivist, lebt zur
Zeit in Australien und wird die Veranstaltung moderieren. Er ist
Mitglied der Agentur BILWET und gründete mit Pit Schultz 1995 „nettime“,
eine der einflussreichsten Mailinglisten zum Netzdiskurs. Er hat eine
Reihe von wichtigen Konferenzen und Netzkultur-Projekten initiiert, und
im Netz als auch gedruckt eine Vielzahl von Texten zu kulturellen und
politischen Bewegungen, unabhängigen Medien und Netzkritik
veröffentlicht. Zuletzt war er in Frankfurt mit „Tulipomania Dotcom“,
einer Konferenz zur „New Economy“ im Juni 2000 im Kunstverein.

Niels Werber, Literatur- und Medienwissenschaftler an der Universität
Bochum untersucht u.a. das Missverhältnis zwischen HiTech-Utopien der
digitalen Elite und den realen gesellschaftlichen Transformationen, in
die diese eingebettet sind. Aktuelle Texte beschäftigen sich mit dem
Technologie-Diskurse im bürgerlichen Feuilleton oder dem Zusammenhang
zwischen „globalem Terrorismus“ und „Cyberwars“.

Im Anschluss Buchmessen-Eröffnungsparty mit DJ Bodo (Köln) im LOLA
MONTEZ.