[rohrpost] Re: [rohrpost] Beschlagnahmungen und Hausdurchsuchungen wg. Online-Demo

Florian Cramer cantsin@zedat.fu-berlin.de
Tue, 23 Oct 2001 22:50:47 +0200


Am Mon, 22.Oct.2001 um 13:55:36 +0200 schrieb Hendrik Naumann:
 
> Ich denke Pit kann da recht gut unterscheiden. Es gab und gibt eine 
> Menge Dikussionen um dieses Thema, auch im Vorfeld zu Lufthansa 
> Aktion. Wenn man die DoS Angriffe auf Yahoo und die Aktion auf der 
> Lufthansaseite vergleicht, gibt es gehörige Unterschiede.
> 
> Die Intensität hängt NICHT von der Zahl gecrackter/mißbrauchter 
> Rechner ab, sondern von der Zahl der DemonstrantInnen, die an dieser 
> Aktion freiwillig teilnehmen. Ist also genau mit den "Behinderungen" 
> vergleichbar, die bei einer RL-Demo entstehen.

Mit dem Unterschied, daß bei einer sogenannten "Online-Demo" nicht nur
der Ziel-Host, sondern die ganze Netzwerk-Infrastruktur in
Mitleidenschaft gezogen wird: alle Router zwischen "Demonstranten" und
Zielrechner, ggfs. der Einwahlserver des "Demonstranten", die Nameserver
des "Demonstranten", die Bandbreite im Subnetz des "Demonstranten", und
falls der "Demonstrant" sich von einer Universität aus an der
DoS-Attacke beteiligt, die Kosten des zusätzlichen Traffics, die die
Universität später dem DFN-Verein bezahlen muß. 

"Online-Demonstrationen" bzw. DoS-Attacken mögen ja diskutierbar sein,
wenn man kommerzielle Provider wie T-Online benutzt und die IP-Pakete
tatsächlich nur über Kommerz-Router laufen. Ich kenne allerdings keinen
Aufruf zu einer "Online-Demonstration", die Teilnehmern ein
diesbezügliche "traceroute"-Kontrolle empfiehlt. Und man zieht mit
solchen Aufrufen und idiotenkompatibler DoS-Software Leute an, die keine
Ahnung von Technik und Struktur des Netzes haben, nicht wissen, was sie
da eigentlich tun, und auf diese Weise auch gewiß nicht zu kompetenten 
und reflektierten Netznutzern gebildet werden.


Ansonsten gilt für Internet-Denial of Service-Attacken prinzipiell das
gleiche wie z.B. für Telefon-DoS-Attacken durch Massenanrufe bei einer
als Ziel gewählten Firma. Man blockiert das Kommunikationsnetz des
"Opfers", indem man in Kauf nimmt, daß auch in der unmittelbaren
Umgebung der Firma - eventuell auch in Gebieten, in denen mehrere
"Demonstranten" gleichzeitig aktiv sind - das Telefonnetz zusammenbricht
und z.B. Notrufnummern ausfallen. 

Eine "Online-Demo" ist deshalb nicht mit einer herkömmlichen
Demonstration vergleichbar, weil sie (das liegt in der Eigenschaft aller
Telekommunikationsnetze) eben nicht nur an einem Ort stattfindet. Jede
elektronische Bombe ist eine Splitterbombe mit potentieller Fernwirkung.
Ich persönlich fände es daher nicht schlecht, wenn Online-Demonstranten
intelligentere und gezieltere Taktiken entwickeln würden.


Florian

-- 
"Sayings of a Famous Artist: To be Famous one has to be recognizable.
The easiest way to be recognizable is: 1. To be repetitious. 2. To have
a highly visible & easily recognizable signature. This text is my
recognizable repetition. TIM ORE"