[rohrpost] re: G8 Gipfel & Love Parade

sebastian@rolux.org sebastian@rolux.org
Wed, 25 Jul 2001 00:42:28 +0200


 > Heute auf dem Men=FC: Konsum, gew=FCrzt mit Kapitalismuskritik

und an folgender sosse:

 > Die Loveparade und die Proteste von Jugendlichen beim G8-Gipfel in Gen=
ua
 > weisen nach Ansicht von Jugendforschern Parallelen auf. Bei der Jugend=
 lebten
 > zwei Seelen in einer Brust - "auf der einen Seite die Ultra-Konsumanh=E4=
nger,
 > auf der anderen die Turbo-Kapitalismusgegner", sagt der Hamburger
 > Freizeitforscher Horst W. Opaschowski.

der sich aus denselben gruenden als "freizeitforscher" bezeichnet, derent=
wegen
sich leute, die buecher ueber hobbies schreiben, "hobbyschriftsteller" un=
d
leute, die amateure bespitzeln, "amateurdetektive" nennen, und ansonsten =
auch
als "turbo-opa horst" bzw "ultraschowski" sein unwesen treibt:

 > Die Demonstranten beim G8-Gipfel in Genua als auch die feiernden Techn=
o-Freaks
 > in Berlin vereine die n=FCchterne Erkenntnis, dass die Globalisierung =
nicht mehr
 > aufzuhalten sei. =C4hnlich sieht dies der Bielefelder P=E4dagoge Wilfr=
ied
 > Ferchhoff. W=E4hrend auf der Loveparade "die Sonnenseiten des Kapitali=
smus"
 > gefeiert w=FCrden, wiesen die jugendlichen Protestierer in Italien auf=
 die
 > "Schattenseiten" der Entwicklung hin.

one love, one nation: wenn die gipfel-freaks in genua ihre "stoppt das ka=
pital"-
transparente enthuellen, so werfen sie sich damit also nicht nur gemeinsa=
m mit
den techno-demonstranten aus berlin in die gerade von bielefelder paedago=
gen
immer wieder gern weit aufgehaltenen arme deterministischer geschichts- u=
nd
fatalistischer weltmodelle, in denen noch nie irgendwas aufzuhalten war, =
sondern
vereinen auch gleich noch die sonnen- mit den schattenseiten zu unserer e=
inen
kapitalistischen erde, um die die freizeitforschung sich dreht wie das ka=
rrussel
um die kirmes und deren himmel von folgenden geistesblitzen durchzuckt wi=
rd:

 > Opaschowski erg=E4nzt: "Die Loveparade-Anh=E4nger empfinden die Global=
isierung als
 > Befreiung, die Demonstranten in Genua verbinden mit dem Weltmarkt vor =
allem
 > Angstgef=FChle." Auch dies sei typisch f=FCr die junge Generation. Ein=
erseits
 > fasziniere sie die Globalisierung und ihr unersch=F6pflicher Markt von
 > M=F6glichkeiten. Andererseits f=FCrchteten sie, zu den "Wohlstandsverl=
ierern" zu
 > geh=F6ren und zum Beispiel in der Arbeitslosigkeit zu landen.

einerseits, andererseits: hier der "unerschoepfliche markt von moeglichke=
iten"
(also eine wirtschaftsordnung, die unablaessig leute dazu zwingt, das ges=
amte
potential ihres lebens zum verkauf anzubieten), dort "demonstanten",
"angstgef=FChle", "wohlstandsverlierer" und "arbeitslosigkeit". wer das e=
rklaeren
koennte. zum glueck ist ein paedagoge zur stelle:

 > Nach Ansicht Ferchhoffs kn=FCpfen die Proteste beim G8-Treffen an die
 > Studentenbewegung der 60er, die Friedensbewegung der 70er und die
 > =D6kologiebewegung der 80er Jahre an. Den Reiz der Loveparade sieht er=
 hingegen
 > vor allem im Zusammentreffen unterschiedlicher Jugendszenen.

meint er das zusammentreffen der hippieszene der 70er mit der punkszene d=
er
80er? oder das zusammentreffen der beatnikszene der 60er mit der raversze=
ne der
90er? weit gefehlt. er meint nicht anderes als das mit vollem karacho
zusammentreffen von allem, was der fall ist, mit sich selbst:

 > Der Techno-Umzug biete ein "Gemeinschaftsgef=FChl auf Zeit". Kaum ein =
anderes
 > Gro=DFereignis habe heute noch solch einen verbindenden Charakter. Doc=
h noch
 > etwas anderes macht die Beliebtheit des Mega-Events aus. "Bei der Love=
parade
 > wird einfach alles geboten, was sehr viel Spa=DF macht. Sie bietet Erl=
ebnis und
 > ist gegenwartsorientiert", erl=E4utert Ferchhoff.

was kann es schoeneres geben, als eine welt, in der man fuer argumente wi=
e
jenes, die loveparade mache spass, biete erlebnis und sei gegenwartsorien=
tiert,
nicht etwa verdroschen, sondern zum c4-professor in bielefeld berufen wir=
d?
lesen sie selbst:

 > Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (S=
PD),
 > h=E4lt die Loveparade f=FCr ein wichtiges Element der Jugendkultur. Di=
es d=FCrfe
 > nicht nur mit Drogen in Zusammenhang gebracht werden. Drogen seien
 > mittlerweile =FCberall dort, wo sich Jugendliche aufhielten. "Das ist =
bei
 > Parties in l=E4ndlichen Gebieten ebenso der Fall wie auf Gro=DFereigni=
ssen", sagte
 > sie. Allerdings r=E4umte sie ein, dass die Party-Szene in besonderer W=
eise durch
 > Drogen gef=E4hrdet sei. "Hier liegen besonders riskante Konsummuster v=
or."
 > Gefahren l=E4gen vor allem im "Mischkonsum", wenn etwa Ecstasy und Alk=
ohol
 > durcheinander genommen w=FCrden.

eine welt naemlich, in der man fuer behauptungen wie jene, die loveparade=
 sei
ein wichtiges element der jugendkultur, statt schallend ausgelacht zur
drogenbeauftragten der bundesregierung ernannt wird. die beste aller moeg=
lichen
welten jedoch bewohnt allein opaschowski:

 > Laut Opaschowski hat die Jugend heute "viele Gesichter". "Die Jugendli=
chen
 > leben in einer Welt voller M=F6glichkeiten und sind selbst multioption=
ale
 > Konsumenten", betont der Leiter des Freizeit-Forschungsinstituts der B=
ritish
 > American Tobacco in Hamburg. "Im Sommer aktiv mit Greenpeace gegen
 > Walfischfang demonstrieren, im Winter mit dem Snowboard die Pisten
 > runterbrettern - nichts ist unm=F6glich." Die Welt werde als "Speiseka=
rte"
 > betrachtet, "aus der sich jeder sein individuelles Men=FC zusammenstel=
lt". Dies
 > k=F6nne mal politisch motiviert und mal nur konsumorientiert sein.

viele gesichter hat wohl so ziemlich alles ausser opaschowski. der brette=
rt im
sommer wie im winter mit der immergleichen bloeden visage eines neolibera=
lismus
durch die gegend, der ja nicht nur foltert und mordet, sondern auch staat=
liche
universitaeten zu webeagenturen der zigarettenmafia wegderegularisiert, d=
ie von
leuten geleitet werden, die noch nie einen gedanken von innen gesehen hab=
en. die
welt voller moeglichkeiten als multioptionale speisekarte mit individuell=
en
menues aus "konsum gewuerzt mit kapitalismuskritik" ist ein derartiger dr=
eck,
dass man versteht, warum solche arschloecher wie opaschewski hauptsaechli=
ch als
o-ton-lieferanten fuer illustrierten arbeiten, die tag fuer tag belegen m=
uessen,
dass die erde eine scheibe, der kapitalismus gerecht und jeder riot schon=
 allein
deshalb eine loveparade ist, weil beides am selben tag in der zeitung ste=
ht.

ps: wenn hingegen

 > die FAZ fragt was Globalisierungsgegner und Raver gemeinsam haben

dann kann man sicher sein, dass die faz das auch beantwortet. und zwar sc=
hon am
montag, indem sie in den neun artikeln, die sie auf ihren ersten drei sei=
ten dem
g8-gipfel in genua widmet, die erschiessung von carlo guiliani nur ein ei=
nziges
mail, auf seite drei, in sechs zeilen, ueberhaupt erwaehnt, und ihn anson=
sten
bloss noch zweimal, ebenfalls auf seite drei, als "toten" zusammen mit di=
versen
sachschaeden zu einer gewaltbilanz aufsummiert, angesichts derer das vorg=
ehen
der polizei gerechtfertigt sei (deren brutale stuermung des genoa social =
forum
und des independent media center sie gleich ganz unterschlaegt). von tote=
n
ravern hingegen berichtet die faz auf den ersten drei seiten ueberhaupt n=
ichts,
weil sie naemlich platz braucht fuer die gleich drei artikel, in denen si=
e vor
toten soldaten warnt, da wegen der schlechten ausruestung der scheiss bun=
deswehr
auf dem scheiss balkan die gefahr besteht, dass irgendwelche scheiss mine=
n ihr
ihre scheiss panzer in die luft jagen. und so bin ich mir nicht sicher, w=
orauf
ich sehnlicher warte: auf den tag, an dem die naechste reduzierung des
bundeswehretats beschlossen wird, oder doch eher auf jenen, an dem ohne
irgendeine medienresonanz ein sondereinsatzkommando der polizei die redak=
tion
der faz verwuestet, saemtliche computer zertruemmert und den redakteuren,=
 die
dahinterstecken, ihre klugen koepfe blutig schlaegt.