Fwd: [rohrpost] Open Source Novel by Douglas Rushkoff

Florian Cramer paragram@gmx.net
Fri, 13 Jul 2001 12:30:57 +0200


Am Fri, 13.Jul.2001 um 11:12:08 +0200 schrieb Krystian Woznicki:

> Hallo,
> 
> hier der Link zu meiner just erschienenen Diskussion dieses Projekts
> 
> http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/buch/9069/1.html
 
Du schreibst es im letzten Absatz des Artikels, aber man könnte die Kritik
noch härter formulieren: Rushkoffs Buch hat mit "Open Source" nichts,
aber auch gar nichts zu tun außer der Buzzword-Kompatibilität. Rushkoff
scheint "Open Source" gründlich mißverstanden zu haben.

"Open Source" ist keine Entwicklungsmethode und sagt daher nichts
darüber aus, ob Software offen oder geschlossen - von Individuen
oder exklusiven Zirkeln - geschrieben wird. Neben solcher Software,
die relativ offen entwickelt wird wie z.B. der Linux-Kernel oder die
Debian-Distribution, gibt es auch "Open Source"/Freie Software von
geschlossenen Entwicklerteams, so z.B. XFree86, Free/NetBSD und die
meisten GNU-Programme.

"Open Source" bzw. "Freie Software" ist de jure ein Überbegriff für
Software-Lizenzen, die den Nutzern weitgehende Freiheiten einräumen:

1. Die Freiheit, eine Software beliebig und kostenfrei zu kopieren;
2. Die Freiheit, den Quellcode der Software einzusehen, zu kopieren
   und zu modifizieren;
3. Die Freiheit der kommerziellen und nichtkommerziellen Distribution,
   verbunden mit der Pflicht, keine Nutzergruppen (z.B. Firmen,
   aber auch z.B. das Militär) auszuschließen.

Formal sind diese Freiheiten in der "Open Source
Definition" der Open Source Initiative festgeschrieben
<http://www.opensource.org/docs/definition.html>. Rushkoff erwähnt an
keiner Stelle, unter welcher Lizenz die kollektiven Fußnoten seines
Romans gestellt werden sollen. Die Open Source Initiative sollte
handeln und Rushkoff dazu auffordern, dies entweder im Sinne der Open
Source Definition zu präzisieren oder aber das Attribut "Open Source"
zu streichen.

Der Name "Open Source" ist, wie ich finde, schon unpräzise genug und
birgt zahlreiche Verwechselungspotentiale: mit offenen Standards, mit
frei einsehbaren, aber proprietär lizenziertem Quellcode und nun auch
mit offenen Entwicklungsprozessen. Gedankenlose Appropriationen à la
Rushkoff verwässern ihn völlig und tragen damit dazu bei, daß pseudofreie
Lizenzierungsmodelle wie Microsofts "Shared Source" oder Suns "Community
Source" künftig unwidersprochen auch als "Open Source" firmieren.

Florian


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